Rückblick: Trennung von Chrysler und Daimler
Die Chrysler-Händler in Deutschland sind Händler mit Herz und sind der Meinung: Es geht dank guter Produktpalette auch ohne die Daimler AG. Ein Rückblick auf die Zeit nach der Trennung der beiden Unternehmen.
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Wenn sich die eigenen Eltern trennen, leiden die Kinder darunter oft am meisten. Im Fall von Chrysler und Daimler begannen die Probleme für die Chrysler-Händler in Deutschland allerdings schon bei der Eheschließung. 1998 fusionierte Chrysler mit Daimler-Benz zur DaimlerChrysler AG. Knapp zehn Jahre später ging Chrysler im Teilverkauf an den Investor Cerberus, der seit dem 14. Mai 2007 80,1 Prozent der Anteile an dem Unternehmen hält.
Trennung war sicher
Die Trennung kam für Martin Lauer (Lauer & Süwer Automobile GmbH) nicht überraschend: „Eigentlich war die Fusion von Daimler und Chrysler gar keine. Erstens haben die Verantwortlichen erst nach der Fusion überlegt, wie diese für alle Beteiligten Erfolg bringt, zweitens hat man nur halbherzig Synergien genutzt und drittens gab es auf Daimlers Seite zu viele Widerstände. Letztendlich war unter dem Druck der Aktionäre eine Trennung unvermeidlich.“
Klaus Fricke, Personalberater der Graf Lambsdorff & Compagnie Unternehmensberatung, bestätigt diese Aussage: „Im Vorfeld gab es keine ausreichende Due-Diligence-Prüfung, in der die Verantwortlichen die positiven und negativen Aspekte einer Übernahme gegenüberstellen. Der damalige Vorstandsvorsitzender der Daimler-Benz AG, Jürgen Schrempp, wollte schlicht an Unternehmensgröße gewinnen. Das hat Daimler viel Geld gekostet und an der Substanz gezerrt. Der Verkauf war definitiv ein besserer Schachzug als der Kauf.“
Schmutzige Scheidung
Laut Peter Jakob, Erster Vorsitzender der Chrysler-Händler Deutschland, war die Trennung von Daimler gerade für die deutschen Chrysler-Händler besonders schlimm: „Deutschland ist ein Autoland mit großen Autoherstellern. Die Medien haben sich mit Meldungen geradezu überschlagen. Dabei hat Chrysler nicht gerade gut abgeschnitten. Die Ehe im Himmel wurde schmutzig am Boden geschieden!“
Dennoch lobt er die verantwortlichen Daimler-Kollegen aus der Zentrale Berlin: „Ob nun DCVD-Präsidenten, Aftersales- oder Netz-Chef – sie standen immer hinter den Händlern und haben dem Vorstand der Chrysler-Händler Deutschland nie das Gefühl gegeben, das fünfte Rad am Wagen zu sein. Ebenso großer Dank gilt der Mercedes-Benz Bank.“
Guter Außendienst
Karl Diehm aus dem Autohaus Kunzmann in Aschaffenburg beurteilt die Situation auch aus der Sicht eines Servicepartners: „Die Betreuung unserer Werkstatt durch den Serviceaußendienst ist nach wie vor hervorragend. Die Mitarbeiter der Chrysler Deutschland GmbH wirken sehr motiviert.“
Auch Adrian Glöckner (Adrian Glöckner Automobile) sieht die positiven Aspekte der Trennung: „Wir sind sogar näher an das Management von Chrysler in Auburn Hills herangerückt und konnten in mehreren Gesprächen unsere Anforderungen an Produkte (Interieur) und Absatzunterstützung platzieren.“
Die Meinung von Martin Lauer ist in diesem Punkt noch bezeichnender: „Letztendlich hat uns als Chrysler-Händler in Deutschland die Fusion nicht den erhofften Zuwachs im Absatz gebracht. Der Marktanteil unserer Marke konnte zu keinem Zeitpunkt gesteigert werden. Auf der anderen Seite wurden Händlerstandards analog zu Mercedes-Benz von uns erwartet. Insofern ist die Trennung eher positiv zu bewerten.“
Führungswechsel
Mit der Übernahme durch den Finanzinvestor Cerberus wechselte Chrysler auch seine Führungsspitze. Der frühere Home-Depot-Manager Robert Nardelli übernahm die Unternehmensleitung. Sein Vorgänger Tom LaSorda füllte stattdessen den Stellvertreterposten und wurde Chrysler-Präsident. In der Folgezeit entschlankte Nardelli das Unternehmen merklich. Neben Stellenabbau nahm der Chrysler-Chef vier Modelle aus der Produktpalette. Dies alles sollte schon damals dabei helfen, die Kosten zu senken und die Produktion der sinkenden Nachfrage anzupassen.
Kundenreaktionen
Die Chrysler-Kunden in Deutschland bekamen davon zwar etwas mit, nahmen den Verkauf des Unternehmens aber größtenteils nur zur Kenntnis und reagierten sehr gelassen darauf. Daher ließe sich laut Adrian Glöckner keine aus der Trennung resultierende Änderung im Kaufverhalten erkennen. Höchstens die Absatzrückgänge beim Firmenangehörigen-Geschäft sind ein erkennbares Indiz für die Trennung. Darüber hinaus seien die rückläufigen Verkaufszahlen vielmehr auf die weltweite Finanzkrise und die Situation von Chrysler in Amerika zurückzuführen. „Einige Kunden haben schlichtweg Angst, dass es Chrysler morgen nicht mehr geben könnte“, so Dietmar Lehmann (APW Lehmann Automobile).
Wünsche für 2009
Peter Jakob wünscht sich für 2009 eine gute Hersteller-Händler-Beziehung und ein schnelles Reagieren seitens Chrysler auf die Forderungen des Händlerverbands. Auf Nachfrage von »kfz-betrieb« äußert er dafür klar definierte Vorschläge wie eine längere Valutierung der Lagerwagen sowie eine stärkere Unterstützung der Vorführwagen. Ein mögliches Restwertrisiko müsse überwiegend zulasten des Herstellers gehen. Auch eine Preisharmonisierung in Europa stuft Jakob als sinnvoll ein. Zudem sei es wichtig, die vorliegenden Standards zu überprüfen und auf ein sinnvolles Maß zu reduzieren. Dietmar Lehmann hat viele Wünsche an seinen Importeur, wie beispielsweise eine völlige Neugestaltung des Margensystems. Fuß fassen könne derzeit nur, wer sein Produkt preiswert anbietet und an dem der Interessent einfach nicht vorbeikommt. Lehmann denkt dabei an einen Preisvorteil für den Kunden von ungefähr 30 Prozent. Sein Fazit: „Die bisherige Marge reicht nicht mehr aus, um die gesunkenen Erträge aufzufangen – ganz zu schweigen von Gewinnen, die wir dringend erzielen müssen.“
Einen Blick auf die Modellpalette wagt hingegen Karl Diehm. Für ihn sind Fortschritte in Bezug auf alternative Antriebe, sparsame Motoren und erschwingliche Volumenmodelle notwendig. Damit ließe sich auf dem europäischen Markt erfolgreich wirtschaften und von solchen Modellen könnte man hohe Stückzahlen verkaufen.
Auf die Stärken konzentrieren
Adrian Glöckner und Martin Lauer sind sich einig, dass sich Chrysler auf die eigene Stärke konzentrieren sollte: besondere amerikanische Fahrzeuge zu verkaufen, die mit moderner Technologie ausgestattet sind. Dabei raten sie dem Hersteller, sich wieder klar als amerikanischer Hersteller zu positionieren und eine Marketingstrategie zu wählen, die genau die Philosophie der Chrysler-Kunden herausstellt. ?
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