So will Markus Duesmann Audi und den Volkswagen-Konzern umkrempeln

Von Christoph Seyerlein

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Zum 1. April als Audi-Chef geholt, ist Markus Duesmann im gesamten Volkswagen-Konzern schnell zum zweitmächtigsten Manager hinter Konzernchef Herbert Diess aufgestiegen. Nun hat der 51-Jährige Einblicke in seine Pläne gewährt.

Markus Duesmann ist seit dem 1. April Vorstandsvorsitzender der Audi AG.
Markus Duesmann ist seit dem 1. April Vorstandsvorsitzender der Audi AG.
(Bild: Audi)

Seit dem 1. April ist Markus Duesmann Chef bei Audi. Seitdem hat der ehemalige BMW-Vorstand im Volkswagen-Konzern einige weitere Ämter geerbt. Er leitet sowohl die Entwicklung des gesamten Konzerns als auch bei Audi und ist darüber hinaus für das Thema Software beim gesamten Autobauer zuständig. Nicht wenige sehen in Duesmann einen legitimen Nachfolge-Kandidaten für Konzernchef Herbert Diess, der seinen früheren BMW-Weggefährten erst nach Wolfsburg lotste.

Rund 100 Tage ist Duesmann nun bei Audi im Amt. Dem „Handelsblatt“ gab der Topmanager jetzt ein Interview, in dem er sich zu seinen Ambitionen äußerte. Zusätzlich zu den vielen Baustellen beim Ingolstädter Autobauer erschwerte ihm die Corona-Krise den Start. Duesmann sagt dazu: „Es geht langsam aufwärts, aber nicht als scharfes „V“, wie man sich das nach einer Krise wünscht. Wir erwarten durchaus längerfristige Auswirkungen der Coronakrise.“ Mit einer Rückkehr zum Vorkrisenniveau rechnet er nicht vor 2022 oder 2023.

„Denke nicht, dass wir etwas verschlafen haben“

Die Krise hält Duesmann aber nicht davon ab, Audi schneller umzubauen als das unter seinen Vorgängern der Fall war. Ziel sei es, „die modernsten und besten Premiumfahrzeuge der Welt bauen, mit einem Kosmos, in dem sich der Kunde mit Audi verbunden fühlt.“ Dabei liegt der 51-Jährige mit Konzernboss Diess auf einer Linie: Die Zukunft sehen beide in der Elektromobilität. Den Vorwurf, dass Volkswagen den Trend dazu verschlafen habe, will Duesmann so nicht stehen lassen. „Ich denke nicht, dass wir etwas verschlafen haben. Es tut schon weh, das immer wieder zu hören. Doch es gab lange keine Käuferschicht und keine Ladeinfrastruktur. Jetzt kommt das Thema in Gang. Durch die Förderung ist E-Mobilität zusätzlich für viele Kunden interessant geworden.“

Audi sieht er dabei auf dem richtigen Weg, auch wenn der Hersteller bislang kein reines Elektroauto hat, das von der erhöhten staatlichen Förderung vollumfänglich profitieren kann. Dafür ist der E-Tron, Audis bislang einziger Stromer, zu teuer. Für Duesmann ist das aber kein Problem: „Der E-Tron verkauft sich auch so sehr gut“, sagt er. Im ersten Halbjahr habe man 17.000 Einheiten des Fahrzeugs verkauft, im Gesamtjahr 2020 will Audi die Marke von 40.000 knacken.

Handel kritisiert bisherige Elektrostrategie

Probleme wie Lieferengpässe aufgrund fehlender Batterien habe man inzwischen gelöst. „Wir hatten für zwei Batteriegrößen zwei Lieferanten – das hat sich so nicht bewährt. Wir haben gelernt: Die Kunden wollten ohnehin vor allem die größeren Batterien. Seit Anfang Mai fahren wir bereits wieder zwei Schichten in Brüssel“, so Duesmann. Im Handel gibt es dennoch Ärger rund um das Auto. Ein Audi-Partner erklärte im Gespräch mit »kfz-betrieb«, dass der E-Tron mit der geringeren Batteriekapazität,wie auch von Duesmann erwähnt, kaum gefragt, der deutlich beliebtere mit größerer Reichweite aber dennoch kaum verfügbar sei. Anders als der Chef des Autobauers sieht der Händler zudem durchaus ein Problem darin, dass Audi kein förderfähiges E-Auto im A- oder B-Segment bereitstellen kann.

Wie auch Diess, der das kürzlich anlässlich des Verkaufsstarts des VW ID 3 getan hatte, rief Duesmann zur Aufholjagd zu Tesla auf. Dabei hatte der Manager ein Lob für Elon Musk und Co. übrig: „Ich bin dankbar, dass es Tesla gibt. Ich bin ein Fan von Elektromobilität, und Tesla hat diese etabliert.“ Ihn beeindrucke die Konsequenz, mit der das Unternehmen arbeite, so Duesmann.

In Sachen E-Antrieb sieht Duesmann keinen allzu großen Rückstand auf Tesla. Die Batteriechemie verstehe man bei Audi auch. Die Kalifornier seien der deutschen Autoindustrie allerdings vor allem bei der Softwarekompetenz voraus. „Beim Thema Rechner und Software-Architektur hat Tesla sicher zwei Jahre Vorsprung, beim automatisierten Fahren auch.“ Volkswagen stehe bei der Digitalisierung dagegen „in der zweiten Reihe. Wir kommen aus einem evolutionären Ansatz, wo wir aus einem Steuergerät zehn gemacht haben und am Ende hundert“, so Duesmann. Anders Tesla: „Die sehen in dem Auto ein Device, auf dem eine Software läuft. Das ist in der Autowelt eine Revolution.“

„Kultureller Wandel“ fordert prominente Opfer

Dies nun auch bei Audi hinzubekommen, ist eine der Kernaufgaben Duesmanns. Dazu hat er erst kürzlich das Projekt „Artemis“ ins Leben gerufen. Jene Einheit soll Entwicklungen innerhalb des Volkswagen-Konzerns beschleunigen. „Es wird ein Kompetenzzentrum, wie wir es noch nicht hatten“, verspricht Duesmann. Ein Teilziel ist beispielsweise ein „hocheffizientes Elektroauto“, das 2024 auf die Straße kommen soll.

Damit „Artemis“ ein Erfolg werden kann, sei allerdings auch ein „kultureller Wandel“ notwendig, wie auch Herbert Diess am Donnerstag beim Karrierenetzwerk Linkedin noch einmal unterstrich. Einigen bisherigen Führungskräften traut die Konzernspitze offenbar nicht zu, jene Transformation mit gestalten zu können. Nach Traton-Chef Andreas Renschler, MAN-Chef Joachim Drees, Volkswagen Nutzfahrzeuge-Chef Thomas Sedran, Skoda-Chef Bernhard Maier und VW-Digitalvorstand Christian Senger steht nun allem Anschein nach auch VW-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann vor dem Aus. Darauf angesprochen sagte Markus Duesmann: „Natürlich gehen da geschätzte Kollegen, es ruckelt kurz, aber es geht weiter. Ich bin ja auch neu im Konzern und lerne die Spielregeln gerade kennen. Aber in jedem Neustart steckt auch immer eine Chance. Meist für beide Seiten.“

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