Umweltmarketing der Autohändler

Autor / Redakteur: Isabella Finsterwalder / Ingo Jagels

»kfz-betrieb« hörte sich in der Branche um.Umfrage unter Autohändlern: Kunden stehen dem Thema Umwelt abwartend gegenüber, den es fehlt an Klarheit.

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»kfz-betrieb« hörte sich in der Branche um.

Die Automobilhersteller schießen in Sachen Umwelt aus vollen Rohren: Hersteller und Importeure arbeiten mit Nachdruck an schadstoffarmen Fahrzeugen. Viele Autos fahren schon heute mir Mischsystemen aus Verbrennungs- und Elektromotor. Kraftstoffe werden aus Weizen oder Zuckerrohr gewonnen. Nichts ist mehr unmöglich.

Doch wie vermarktet der Händler die Ideen der Hersteller Wie kann er dem Kunden die neuen Ökobotschaften vermitteln Gibt es bereits pfiffige Vermarktungsideen in Grün Möchte der Kunde überhaupt Umweltpakete aus dem Handel haben Oder will er sie nur, wenn sie kostenlos angeboten werden »kfz-betrieb« hörte sich in der Branche um. Das Ergebnis ist eindeutig: Es ist alles eine Frage des Geldbeutels.

Laut Prof Dr. Andreas von Schubert von der Fachhochschule Wismar sollte ein Autohaus auch bei den Umweltthemen zunächst Basisarbeit leisten: „Finden Sie heraus, ob zum Beispiel ein Geschäftskunde, der ein leistungsstarkes Fahrzeug wünscht, vielleicht eher ein umweltfreundliches Fahrzeug benötigt, um damit bei seinen eigenen Kunden den richtigen Eindruck zu hinterlassen“, appelliert er an die Autohändler. Umgekehrt solle das Autohaus eruieren, ob der Kunde, der einen kostengünstigen Familienwagen haben möchte, diesen vielleicht noch mit einer umweltschonenden Zusatzausstattung versehen haben möchte, um etwa in Zukunft Steuern zu sparen oder auch nur, um dem Anspruch seiner Familienangehörigen gerecht zu werden. Gefragt sei „Customer Excellence“. Schubert: „Wichtig ist es, den tatsächlichen Bedarf des Kunden zu ermitteln. Denken und handeln Sie immer als Ihr Kunde, selbst wenn es zunächst weniger Umsatz bedeutet“, empfiehlt er. Dann werde das Autohaus zu einem vertrauenswürdigen Partner.

Regierung am Pranger

Gleichwohl hat es das Umweltthema in sich. Die Antworten der Händler zeigen, dass sich die Kunden zwar aufgeschlossen zeigen, aber kaum bereit sind, Taten folgen zu lassen. Dr. Anton Reich, Inhaber Niedermair & Reich: „Der Wunsch, etwas für die Umwelt zu tun, ist da. Nach dem Motto ‚Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass‘ wollen die Kunden aber meist keine höheren Kosten tragen.“

Unisono prangern die Händler die unentschlossene Haltung der Regierung an. Damit der Automobilhandel neue Konzepte vermarkten könne, müsse der Gesetzgeber ein klares Steuerkonzept für Kraftfahrzeuge entwickeln. Aber auch die Hersteller und Importeure seien gefordert, die Händler und damit die Kunden finanziell zu unterstützen.

Zwar seien die Angebote der Industrie in Sachen Erdgas, Flüssiggas, Hybrid oder weiterentwickelter Diesel- oder Benzinmotoren inzwischen breit gefächert. Sandra Funke vom Autohaus Funke in Beckum: „Wichtig ist, dass sich die Hersteller nicht nur das grüne Mäntelchen anziehen, sondern aufzeigen, welche finanziellen Vorteile der Kunde durch umweltfreundliche Fahrzeuge hat. Dies würde dem Handel helfen, mit dem Thema Umwelt zusätzliche Potenziale zu erschließen.“

Information ist alles

„Immer mehr Kunden fragen bei den Fahrzeugen nach den CO2-Emissionen“, berichten Birgit und Jürgen Gott vom Autohaus Gott in Ottobrunn. „Wir erzielen in unserem Autohaus vor allem mit dem Toyota Prius zusätzliche Erträge. Obendrein profitieren wir von unserem Angebot, Fahrzeuge mit Benzinmotoren zusätzlich auf Flüssiggas umzurüsten. Hier besteht eine hohe Nachfrage.“

Das Geheimrezept in Sachen Umwelt und Kunde laute jedoch, dem Kunden so viele Informationen wie nötig zu CO2, alternativen Antrieben und umweltfreundlichen Motoren zu geben. „Das persönliche Gespräch ist wertvoll. Wir merken daran: Der Kunde will sich nicht viele Gedanken machen müssen, wie er umweltfreundlich mobil sein kann“, erklären die beiden.

Im Autohaus Niedermair & Reich fragt „der ein oder andere Kunde“ nach umweltfreundlichen Fahrzeugen, sagt Dr. Anton Reich. Kaufverträge kommen dadurch nur selten zustande. „Was die Menschen dagegen interessiert, ist der konkrete Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeugs. Diese einseitige Sichtweise führe ich auf die zu geringe Aufklärung der Öffentlichkeit zurück.“

Konjunkturprogramm

Problematisch sei insbesondere die Unsicherheit beim Verbraucher. „Deshalb brauchen wir eine eindeutige Regelung der Kfz-Steuer. Vorbildlich ist das italienische Konzept“, meint Dr. Reich. Dann könne sich das Thema Umwelt zu einer echten Chance entwickeln. Ein positives Beispiel aus der Vergangenheit sei der Katalysator, der ein Konjunkturprogramm für die Branche gewesen sei.

Kurt Kröger, Gesellschafter Autohaus Dello in Hamburg, meint: „Angesichts gestiegener Lebenshaltungskosten hat ein Großteil der Bevölkerung heute weniger Geld zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund interessieren sich die Kunden nicht allzu sehr für den Schadstoffausstoß.“ Wichtig sei dem Kunden, welche Vorteile welches Auto bringe. „Man kann klar sagen: Der Kunde sucht Schnäppchen. Das heißt für uns, ihm das richtige Fahrzeug zum vernünftigen Preis anzubieten. Die Umwelt ist nur eines von vielen Themen“, erläutert Kröger.

Ähnliche Erfahrungen hat Sandra Funke gesammelt: „Das Thema Umwelt haben wir bereits seit vielen Jahren als einer der ersten Häuser in unserer Region besetzt. Wir sprechen unsere Kunden aktiv darauf an und bewerben es in den Medien sowie durch hauseigene Flyer. Fakt ist aber, dass letztlich der Preis entscheidet.“ Zudem sei der Verbraucher verunsichert, wie sein Fahrzeug künftig besteuert werde. „Eine kleine Zielgruppe ist sicher bereit, für ein schadstoffarmes Fahrzeug mehr zu zahlen. Die breite Masse akzeptiert jedoch keinen höheren Anschaffungspreis.“

„Nur das, was uns die Hersteller anbieten, können wir auch vermarkten: Sei es Erdgas, Flüssiggas oder sei es Hybrid. Wir stellen jedoch fest, dass uns die Kunden im Alltag nicht aktiv auf das Thema Umwelt und alternative Antriebe ansprechen“, unterstreicht Roland Nosky, Vorstand DIO der AVAG Holding mit Sitz in Augsburg. Vielmehr interessiere sie der Spritverbrauch. Er ist daher überzeugt, dass es beispielsweise bei den Dieselantrieben einen Trend zu kleineren Motoren geben wird: „Die höheren Anschaffungskosten für Erdgas oder Flüssiggas kann sich der Kunde nicht leisten. Auch die Tatsache, dass kaum jemand nachträglich einen Dieselpartikelfilter einbauen lässt, spricht eine deutliche Sprache.“

Angesichts steigender Spritpreise befürchtet Nosky, dass künftig der eine oder andere Kunde sein Auto stehen lässt, da er es nicht mehr bezahlen kann. „Somit sehe ich im Thema Umwelt nicht nur keine zusätzlichen Ertragspotenziale für den Handel, sondern eher Rückgänge“, so Nosky.

Thema kommt nicht an

Rudolf Winnen, Inhaber Auto Seifert in Limburg, stellt sogar fest, dass der Kunde das Thema Umwelt nicht will. „Das Einzige, was für den Kunden zählt, ist eine günstige Besteuerung seines Fahrzeugs. Das Modethema Umwelt kommt bei uns im Handelsbetrieb nicht an. Vielmehr sei die Verwirrung angesichts der gesamten Diskussion um CO2-Werte, Plaketten, Rußpartikelfilter und dergleichen immens. „Wir brauchen einen transparenten Automobilkauf. Der Kunde soll das Auto wählen können, was seinem Bedarf entspricht. Daher sollten wir aufhören, dem Verbraucher irgendetwas aufzudrängen. Wir haben jedenfalls durch die CO2-Diskussion kein Auto zusätzlich verkauft. Eher im Gegenteil.“

„Wir sprechen das Thema Umwelt bei unseren Kunden aktiv an“, betont hingegen Helmut Koch, Verkaufsleiter im Mercedes-Benz-Pkw-Autohaus Bruno Widmann. Generell seien die Kunden jedoch eher verunsichert und erwarten eine ausführliche Beratung vom Autohaus. Es sei nach wie vor eine Kaufzurückhaltung zu spüren.

Auch im Service werde das Thema Nachrüstung eher selten nachgefragt. Für neue Technik, auch im Bereich Umwelt, werde bisher eher verhalten Geld ausgegeben. Etwas anders verhalte es sich bei den Lkw. Hier sei die Nachfrage aufgrund der KfW-Förderung spürbar.“

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