„Unangemessene Benachteiligung“

Autor / Redakteur: Konrad Wenz / Dipl. Ing. (FH) Konrad Wenz

Rechtsanwalt Uwe Brossette von der Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke zeigt auf, welche Möglichkeiten Werkstätten bei defekt gelieferten Ersatzteilen haben.

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Redaktion: Häufig klagen Werkstätten, weil Aus- und Einbaukosten für beim Vertragshändler erworbene defekte Ersatzteile nicht vergütet werden. Gibt es für das Verhalten der Automobilhersteller eine Rechtsgrundlage

Uwe Brossette: Dies betrifft eigentlich nicht die Automobilhersteller. Vielmehr handelt es sich hierbei um das Rechtsverhältnis zwischen der kaufenden Werkstatt und der verkaufenden Werkstatt. Dem liegt ein Kaufvertrag zu Grunde. Rechtlich ausschlaggebend ist das BGB und dieses besagt, dass bei der Lieferung eines mangelhaften Teils der Käufer die Beseitigung des Mangels oder die Ersatzlieferung verlangen kann. Das ist das so genannte Nacherfüllungsrecht. Dazu gibt es den Paragrafen 439 Absatz 2 im BGB, der bestimmt, dass der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen zu tragen hat.

Das heißt, auch die Aus- und Einbaukosten für das Teil

Ja. In diesem Punkt war lange strittig, auf welche Aufwendungen es hier eigentlich ankommt. Handelt es sich um die Aufwendungen des Verkäufers, ist das zweifelsfrei durch den Paragrafen 439 Absatz 2 abgedeckt. Also wenn die Werkstatt, die das Teil gekauft hat, das Auto zur Werkstatt schleppen lässt, die das Teil verkauft hat, dann muss diese es ein- und ausbauen.

Aber die Freie Werkstatt will das Teil ja aus den unterschiedlichsten Gründen selbst ein- und ausbauen.

Genau, und deshalb gab es die Frage, ob das auch durch den zitierten Paragrafen erfasst ist. Aber im Jahr 2004 hat das OLG Karlsruhe entschieden, dass in jedem Fall der Verkäufer die Aufwendungen tragen muss, und zwar unabhängig davon, ob er den Ein- und Ausbau vorgenommen hat oder der Käufer des Teils. Das heißt, für die Frage der Haftung ist es völlig irrelevant, ob die Kosten beim Verkäufer oder beim Käufer anfallen – der Verkäufer hat alle Aufwendungen im Zusammenhang mit der mangelhaften Lieferung zu tragen.

Häufig wird im Streitfall der kaufenden Werkstatt mangelnde Sachkenntnis vorgeworfen. Wer beurteilt denn, ob die Arbeit fachmännisch durchgeführt wurde

In diesem Punkt gibt es immer wieder Streit, weil die verkaufende Werkstatt oft sagt, dass das Teil erst während oder durch den nicht sachgemäßen Einbau kaputtgegangen sei. Letztlich muss das ein Sachverständiger entscheiden. Wenn sich bei dieser Überprüfung herausstellt, dass das Teil mangelhaft war, dann hat der Verkäufer auch die Sachverständigenkosten zu tragen. Anderenfalls bleibt der Käufer auf diesen Kosten sitzen.

Welche Möglichkeiten hat die Werkstatt

Das ist für mich klar: Die Ein- und Ausbaukosten können der liefernden Werkstatt in Rechnung gestellt werden. Sollte diese die Kostenübernahme verweigern, kann natürlich auf Ersatz dieser Aufwendungen geklagt werden. In diesem Fall gehen die eventuell anfallenden Anwaltskosten ebenfalls zu Lasten des Lieferanten.

Wie ist der weitere Rückgriff geregelt Es kann ja nicht sein, dass die verkaufende Werkstatt die Kosten tragen muss!

Die Markenwerkstatt kann die Kosten an den Vorlieferanten, meist den Hersteller, weitergeben, solange der Vorgang nicht verjährt ist.

Uns hat das Gros der Hersteller mitgeteilt, dass die rechtliche Grundlage für die Kostenerstattung fehlt – deshalb werden Ein- und Ausbaukosten nicht erstattet.

Das mag im Verhältnis Freie Werkstatt zu Hersteller richtig sein, da diese beiden keine vertraglichen Beziehungen unterhalten. Im Verhältnis zur Markenwerkstatt gilt aber im Grundsatz etwas anderes. Denn im BGB ist der Unternehmerregress rechtlich verankert. Danach lässt sich das Mangelbeseitigungsrecht innerhalb der Regresskette bis zum Erstlieferanten, d. h. dem Hersteller des Teils, durchgeben. Wenn ein Hersteller in seinen AGB der Markenwerkstatt diese Regressmöglichkeit nimmt, ist dies eine unangemessene Benachteiligung. Solche Regelungen kann man angreifen, denn sie weichen erheblich vom Grundgedanken des Gesetzes ab und benachteiligen die Interessen der Werkstatt in unbilliger Weise.

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