Wertminderung ist Einzelfall-Berechnung
Standardisierte Methoden zum Ermittlung der merkantilen Wertminderung sind vielfach ungeeignet. Die Höhe der Minderung hängt von vielen Faktoren ab, die beachtet werden müssen.
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Das Amtsgericht (AG) Pfaffenhofen hat mit Urteil vom 11. Juli 2014 klargestellt, dass die Höhe der merkantilen Wertminderung nicht pauschal ermittelt werden kann, sondern das Ergebnis einer Untersuchung durch einen Sachverständigen sein muss. Dies ist aus Sicht des Gerichts notwendig, da eine Wertminderung durch viele Faktoren beeinflusst wird. Daher kommen die eingeführten Methoden „Ruhkopf/Sahm“ und „Halbgewachs“ aufgrund der heutigen Wiederbeschaffungswerte hochwertiger Fahrzeuge nicht immer zu verwertbaren Ergebnissen (AZ: 1 C 430/13).
Im verhandelten Fall stritten die Parteien über die Erstattung einer merkantilen Wertminderung. Der Kläger begehrt einen Betrag von 2.600 Euro. Bei seinem verunfallten Fahrzeug handelt es sich um ein hochpreisiges Auto mit einer Laufleistung von rund 16.000 Kilometern. Das acht Monate alte Fahrzeug befand sich im Unfallzeitpunkt noch innerhalb der Neuwagengarantie. Die Reparaturkosten betrugen etwa 4.800 Euro und damit weniger als 10 Prozent des Wiederbeschaffungswertes. Schadenbedingt waren beide linken Türen einschließlich diverser Anbauteile zu erneuern, das linke Kniestück war instand zu setzen und einschließlich der linken Seitenwand zu lackieren.
Das AG Pfaffenhofen stellte in Seinem Urteil klar, dass die Schätzung der merkantilen Wertminderung dann nicht zu beanstanden ist, wenn sie auf allgemein anerkannten Schätzmethoden beruht. Das Urteil begründet anschaulich, warum eine merkantile Wertminderung auch bei Schäden an untergeordneten Bauteilen (geschraubten, nicht tragenden Elementen des Fahrzeugs) tatsächlich eintritt.
Ein merkantiler Minderwert könne nicht pauschal nach einer Methode, sondern vielmehr anhand der Ausführungen und Analyse eines Sachverständigen zu den bestehenden Methoden ermittelt werden. Die Festlegung der merkantilen Wertminderung beruht auf einer Schätzung zukünftiger Schäden in Form der Einbuße beim Weiterverkauf des Unfallwagens. Das AG Pfaffenhofen sprach dem Kläger eine merkantile Wertminderung in Höhe von 1.100 Euro zu.
Zum Thema der „richtigen" Berechnungsmethode der Wertminderung nahm das Gericht Bezug auf die BGH-Rechtsprechung (Urteil vom 18.9.1979, AZ: VI ZR 16/79). Im vorliegenden Fall war zu beachten, dass bei derart neuen Fahrzeugen mit geringer Laufleistung üblicherweise deutliche Preisnachlässe ausgehandelt werden, wenn reparierte Unfallschäden vorliegen, da vergleichbare Fahrzeuge überwiegend ohne reparierten Unfallschaden auf dem Gebrauchtwagenmarkt angeboten werden. Der potentielle Käufer kann somit eher mühelos auf nicht vorbeschädigte Fahrzeuge zurückgreifen.
Unter Berücksichtigung von Fahrzeugalter, Neupreis, Wiederbeschaffungs- und Veräußerungswert, der Aufteilung der Reparaturkosten in mehr bzw. weniger wertminderungsrelevante Positionen, des Reparaturumfangs sowie der Marktgängigkeit des Fahrzeugs ergeben sich – sofern das Fahrzeug zum Schadenzeitpunkt unfall- und schadenfrei war – je nach Berechnungsmethode unterschiedliche Wertminderungsbeträge. Diese Beträge entsprechen dem beim Verkauf des Fahrzeugs zu erwartenden Mindererlös gegenüber einem unfallfreien Fahrzeug.
Der eingetretene Schaden wird selbst bei optimaler und ordnungsgemäßer Instandsetzung beim Verkauf zu offenbaren sein. Das Fahrzeug wird daher gegenüber einem unfallfreien Fahrzeug nicht zum gleichen Betrag zu veräußern sein, weil der – möglicherweise unbegründete – Verdacht, durch den Unfallschaden könnten verborgene Mängel vorhanden sein, nie vollends ausgeräumt werden kann und dies daher von einem potentiellen Käufer des Fahrzeugs als Argument zur Kaufpreisminderung eingesetzt wird.
Im vorliegenden Fall hatte der Sachverständige in seinem Gutachten dargelegt, weshalb die Methoden „Ruhkopf/Sahm" und „Halbgewachs" für den konkreten Fall ungeeignet waren und hat sodann nach Anwendung „modernerer" Methoden (z.B. BVSK) aus diesen einen Mittelwert gezogen. Dem ist das Gericht in seiner Entscheidung gefolgt.
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