Cloppenburg: Die Firmensanierer mit Fortune

Autor / Redakteur: Stephan Maderner / Martina Eicher

Die Cloppenburg Automobil AG zählt zu den führenden Autohausgruppen für BMW und Mini.

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Statt Showroom, Hebebühnen und ausgestellten Fahrzeugen finde ich nur ein Türschild mit der Firmenaufschrift CAAG und einen Klingelknopf aus Messing: Düsseldorf, Chamissostraße 12, in einem Villenviertel der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen. Ringsum gediegene Atmosphäre mit Einfamilienhäusern aus der Gründerzeit. Eine freundliche Dame öffnet die Tür. Ich betrete die Zentrale von Deutschlands drittgrößtem BMW-Händler: der Cloppenburg Automobil AG (CAAG). Im Besprechungsraum im zweiten Stock empfängt mich der Vorstandsvorsitzende Ulf Cloppenburg bestimmend und mit festem Händedruck zum Interview. Ulf Cloppenburg ist ein Mann mit vielen Talenten: Der 69-jährige Spross der Textilhandelsdynastie Peek & Cloppenburg hat unternehmerisches Geschick, spielt Violine und handelt mit Automobilen.

Und das tut er seit einigen Jahren recht erfolgreich. Im Vorstand steht ihm seit Anfang Oktober Marcus Stein zur Seite. Der Autohausmanager war zuvor bei der Ruhrland Automobile AG in Essen als Vorstand tätig.

Zur CAAG zählen mittlerweile Beteiligungen an 19 Autohäusern kreuz und quer durch die Republik (siehe Abbildung rechts). Es handelt sich hierbei ausschließlich um BMW-Händlerbetriebe.

Außerdem gehören zur CAAG Beteiligungen an der S.A. Beckmann France, Chennevieres sur Marne, die in Frankreich neun Autohäuser betreibt. In Cannes und Nizza wird neben BMW und Mini zudem die Automarke Land Rover vertrieben, in Nizza zusätzlich Opel, Chevrolet und Suzuki. Der CAAG angeschlossen ist auch ein Betrieb im luxemburgischen Mersch, der zur Carlo Schmitz S.a.r.l. gehört. Zusätzlich erlöst das Unternehmen im Bereich Immobilien Mieterträge.

Gesamtumsatz: 510 Mio. Euro

Das gezeichnete Kapital der Aktiengesellschaft, hinter der vor zweihundert Jahren einst eine Brauerei stand, und dessen Kapital später dazu diente, Autohäuser aufzukaufen, beträgt fünf Millionen Euro. Dem Aufsichtsrat gehören u. a. als Vorsitzender Heinrich Meier-Tesch, Unternehmensberater aus Wuppertal, an, der Düsseldorfer Steuerrechtsanwalt Dr. Matthias Söffing und Ulf Cloppenburgs Tochter Nina Trowe, Unternehmerin mit Sitz in Basel. Der 29-Jährigen gehören rund 88 Prozent der Anteile an der CAAG.

Der Aktienkurs der Cloppenburg Automobil AG (WKN 501.560) hat sich seit der Einführung im Jahr 2000 von 11 Euro auf 21,95 Euro Ende 2007 entwickelt und stand zum Redaktionsschluss am 5. Dezember 2008 bei 25 Euro.

Die Geschäfte der CAAG laufen gut. Auch dank einer positiven Umsatz- und Ertragsentwicklung der Autohäuser endete das Geschäftsjahr 2007 mit einem Jahresüberschuss von 5,6 Millionen Euro. Das Jahr 2007 steht für 4.754 verkaufte Neuwagen und 5.287 verkaufte Gebrauchtfahrzeuge. Für 2008 war die Vermarktung von 5.043 Neufahrzeugen und 4.999 Gebrauchtfahrzeugen geplant. Insgesamt wurde 2007 ein Umsatz in Höhe von 262,4 Millionen Euro erzielt. Dazu kommen noch 142,6 Millionen Euro, die in Frankreich und Luxemburg erwirtschaftet werden. Der 2007er-Gesamtumsatz der CAAG-Gruppe wird auf 405 Millionen Euro beziffert, dieses Jahr wird er sich nach vorläufigen Hochrechnungen bei 510 Millionen Euro bewegen. In Deutschland entfiel auf den Neuwagenbereich ein Umsatz von 143,5 Millionen Euro. Das Gebrauchfahrzeuggeschäft setzte 83,9 Millionen Euro um. Auf das Konto des Services entfielen 15,5 Millionen Euro, und der Teilebereich brachte 19,5 Millionen Euro.

Die Kennzahlen in den CAAG-Autohäusern könnnen sich sehen lassen: Die durchschnittliche 2007er-Umsatzrendite liegt mit 1,3 Prozent über dem bundesweiten BMW-Durchschnitt von 1,0 Prozent. Auch der Personalaufwand lag mit 6 Prozent vom Umsatz unter der BMW-Marke von 7,8 Prozent. Jeder CAAG-Autohausmitarbeiter brachte es im Schnitt auf 625.000 Euro Umsatz. Der durchschnittliche BMW-Autohausmitarbeiter setzte nur 457.000 Euro um. In der gesamten Gruppe waren Ende 2007 über 650 Mitarbeiter beschäftigt, davon 45 Auszubildende. Bis Ende des Jahres 2008 stehen bereits knapp 1.000 Beschäftigte auf der Payroll der CAAG.

„Wir verstehen uns als mittelständisches Unternehmen“, berichtet Ulf Cloppenburg. Er selbst sieht sich nicht als Unternehmer, sondern als angestellter Manager, der einem wichtigen Organ der Gruppe vorsteht. Die Cloppenburg Automobil AG ist seit einigen Jahren im deutschen Autohandel unterwegs, ständig auf der Suche nach Übernahmekandidaten, darunter gesunde Betriebe, aber auch angeschlagene Firmen. Wie zum Beispiel vor Kurzem die insolvente Autohausgruppe Seekamp aus Norddeutschland. Die CAAG übernahm das Stammhaus in Achim und die Standorte Delmenhorst und Syke. Dort soll 2009 neu gebaut werden. Ein vierter Betrieb der Seekamp-Insolvenzmasse in Diepholz ging an die Osnabrücker Walkenhorst-Gruppe.

Nachhaltiges Wirtschaften

Eine weitere wichtige Firmenübernahme der CAAG ging ebenfalls 2006 über die Bühne. Die Düsseldorfer eigneten sich die fünf im Besitz von Manfred Schäfer befindlichen BMW-Autohäuser der Auto-Forum-Gruppe mit Filialen in Idar-Oberstein, Bad Kreuznach und Alzey an und entwickelten die Standorte weiter. Die Wormser Filiale, die das Auto Forum vom Autohaus Christmann gepachtet hatte, wurde ebenfalls von der CAAG übernommen. Die CAAG investierte etwa 2,5 Millionen Euro in den neuen Standort und baute auf den rund 8.000 Quadratmetern ein Haus mit über 46 Metern Gebäudefront und bis zu 7,15 Metern Höhe sowie 2.000 Quadratmetern Nutzfläche. Ende November hat das neue Wormser Haus eröffnet.

Die Beispiele Seekamp und Auto Forum zeigen, dass die Cloppenburg-Philosophie keinesfalls nur vorsieht, als finanzkräftiger Investor notleidende Betriebe zu übernehmen und dann lediglich die Filetstücke herauszulösen. Obwohl ein Blick in die Tageszeitungsarchive zeigt, dass Ulf Cloppenburg dieser Ruf vorauseilt. Allzu schnell stecken die Medien jemand in eine entsprechende Schublade. Doch im Falle des Autobusiness, in das Ulf Cloppenburg seit einiger Zeit investiert, spricht er eine andere Sprache: „Uns geht es um nachhaltiges Wirtschaften.“ Dazu gehört auch, zu erkennen, wo es sich lohnt, in vorhandene Substanz zu investieren. „Dort, wo wir uns sicher sind, Autohäuser solide und erfolgreich weiterführen zu können, tun wir dies mit großer Entschlossenheit“, erklärt Cloppenburg.

Welches sind die größten Herausforderungen für die große Autohausgruppe? „Wichtig ist die Steuerung über eine zentrale IT-Struktur“, sagt der CAAG-Vorstandsvorsitzende. Die Gruppe hat ihre inzwischen 22 europäischen Autohäuser in Deutschland, Frankreich und Monaco über QSC vernetzt. Alle Händler der Gruppe sind auf einer geschlossenen und sicheren Kommunikationsplattform zusammengefasst. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Durch die Zentralisierung wurden die Kosten gesenkt und gleichzeitig eine flexible Steuerung eingeführt. „Die entwickelte Netzwerkarchitektur ist auch für unsere zukünftigen Anforderungen gut gerüstet“, glaubt Cloppenburg.

Strategische Reservekasse

Denn auch in Zukunft möchte die Gruppe betriebswirtschaftlich fundiert und solide expandieren. Die strategische Reservekasse der CAAG ist gut gefüllt. Die Eigenkapitalquote der Muttergesellschaft beträgt 58 Prozent. „Das gibt uns Sicherheit, die jeder einzelne Mitarbeiter spürt“, erläutert Cloppenburg. Ein wichtiges Pfund bei der Expansion sind aber nicht nur ausreichend liquide Mittel, sondern zweifelsohne auch qualifizierte Mitarbeiter. „Ohne unser erstklassiges Team, dem wir vor Ort die operative Verantwortung übertragen, wäre unser Erfolg nicht erklärbar“, ist sich Cloppenburg sicher. „Kein Zentralismus, sondern dezentrale Führung mit Verantwortung vor Ort lautet unser Erfolgsrezept“, bekräftigt auch Vorstand Marcus Stein. Die Holding ist schlank aufgestellt und beschäftigt gerade mal sieben Mitarbeiter. Die Manager sehen sich als „Dienstleister und Klammer“ für die Betriebe. Die bestellten Autohaus-Geschäftsführer operieren völlig autark, haben aber stringent vereinbarte Ziele zu erfüllen. „Die Willensbildung erfolgt in den Betrieben, wir kümmern uns um die Buchhaltung, das Controlling sowie den gesamten Backoffice-Bereich wie Marketing oder den einheitlichen Internetauftritt“, formuliert es Cloppenburg. Dadurch können sich die einzelnen Autohäuser auf ihre Stärken konzentrieren: „Autos zu verkaufen und Kundenzufriedenheit im Service herzustellen“, unterstreicht Marcus Stein.

Die Gruppenmitglieder partizipieren an den Vorteilen der Holding, die zum Beispiel zu wesentlich besseren Konditionen Öl einkauft, als das ein einzelner Betrieb je tun könnte. Unter den großen Autohändlern Deutschlands besitzt die CAAG ein Alleinstellungsmerkmal: Einmal jährlich findet eine Hauptversammlung statt. Die nächste ist für den 30. April 2009 im Düsseldorfer Holiday Inn anberaumt. Für die unbequemen Fragen aus dem Aktionärskreis sei man immer gut gerüstet. Denn im Aufsichtsrat säßen „starke Persönlichkeiten, welche die Dinge kritisch hinterfragten“. Viermal jährlich findet in der Düsseldorfer Zentrale dann ein Managementboard statt.

Außerdem bekommen die CAAG-Betriebe in unregelmäßigen Abständen unangemeldet Besuch von der „Innen-Revision“. Die beiden Vorstände lassen es sich nicht nehmen, in den Autohäusern nach dem Rechten zu schauen und den Betrieb bei ihren Besuchen auf Herz und Nieren zu checken. Die Qualität in den Betrieben stimme; im BMW-internen Händlervergleich belege man immer hervorragende Kundenzufriedenheitswerte und stünde auch im Kennzahlen-Benchmarking überdurchschnittlich gut da. „Das freut uns“, sagt Cloppenburg. „Doch sind wir in einer großen Gruppe gezwungen, permanent zu performen.“

Inhaber mit professioneller Leidenschaft zum Auto

Ulf Cloppenburg ist eine interessante Persönlichkeit. Mit seinen 69 Jahren zeigt er keinerlei Ermüdungserscheinungen und möchte sich noch nicht in den Ruhestand begeben. „Ich habe Spaß an meinem Beruf und nicht vor, in absehbarer Zeit inaktiv zu sein“, so Cloppenburg. Er genieße das abwechslungsreiche Berufsleben, das geprägt sei von der Herausforderung, Märkte auszuschöpfen. „Mein Antrieb ist es, mit einem überzeugenden Konzept und der entsprechenden Renditeerwartung auf dem Markt zu reüssieren und dabei kaufmännisch auf dem Teppich zu bleiben“, skizziert Cloppenburg sein Berufsethos. Für Cloppenburg, der als „unmoderner Mensch sonntags in die Kirche geht“, gehört auch Bescheidenheit zu den Primärtugenden. Zum Automobilbusiness hat Cloppenburg ein eher nüchternes Verhältnis: „Ich bin ein Zahlenmensch, begeistern kann ich mich für Musik.“ Cloppenburg betont im gleichen Atemzug aber, dass er große Stücke auf die vielseitige BMW-Produktpalette halte. Sein Vorstandskollege Marcus Stein übernimmt den Part des „Car Guys“. „Zum Auto habe ich eine professionelle Leidenschaft entwickelt“, sagt er. Der neue Mann wird sich ab sofort hauptverantwortlich auf das Deutschland-Geschäft der Gruppe stürzen. Ulf Cloppenburg kümmert sich um die Autohäuser in Frankreich sowie Luxemburg und eventuelle Expansionen.

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