Maybach Der König der Konstrukteure

Von Steffen Dominsky

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Vor 175 Jahren erblickte Wilhelm Maybach das Licht der Welt. Während Jüngere mit dem Namen bestenfalls Edelvarianten der S-Klasse assoziieren, wissen Ältere um die Verdienste und Erfindungen des Ingenieurs.

Wilhelm Maybach, vorn auf dem Beifahrersitz eines Mercedes-Simplex 18/22 PS im Jahr 1903 im Fabrikhof des Cannstatter Werks der Daimler-Motoren-Gesellschaft. Er gilt als einer der größten Erfinder im Automobil- bzw. Motorenbau.
Wilhelm Maybach, vorn auf dem Beifahrersitz eines Mercedes-Simplex 18/22 PS im Jahr 1903 im Fabrikhof des Cannstatter Werks der Daimler-Motoren-Gesellschaft. Er gilt als einer der größten Erfinder im Automobil- bzw. Motorenbau.
(Bild: Mercedes-Benz AG)

Nein, geboren wurde er nicht in Stuttgart, sondern am 9. Februar 1846 in Heilbronn. Zum Schwaben machte es ihn dennoch. Abgesehen von seiner Herkunft ist es aber vor allem sein Fleiß, der ihn zum typischen Vertreter seiner Stammesgattung machte: Wilhelm Maybach hat die Entwicklung des Automobils geprägt, wie es nur wenige andere vor und nach ihm vermochten. Das gilt insbesondere für die Zeit als Weggefährte von Gottlieb Daimler bis zu dessen Tod im Jahr 1900. Maybach besaß eine herausragende technische Begabung. Seine Erfindungen trugen maßgeblich dazu bei, die visionären Gedanken Daimlers für die motorisierte Mobilität mit Verkehrsmitteln verschiedenster Art Wirklichkeit werden zu lassen. Blicken wir zurück.

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Augustus Wilhelm Maybach, wie der Junge mit vollem Namen hieß, kam als zweitältester Sohn des Schreiners Carl Maybach zur Welt. Anfang der 1850er Jahre zog die Familie nach Stuttgart. Dort erlebte Maybach schwere Schicksalsschläge: 1854 starb seine Mutter, nur zwei Jahre später verlor er auch seinen Vater. Freunde der Familie suchten unter anderem mit einer Zeitungsannonce im „Stuttgarter Anzeiger“ vom 20. März 1856 nach einer Möglichkeit, die Vollwaisen zu versorgen. Wilhelm Maybach wurde vom Bruderhaus in Reutlingen aufgenommen, einer Gründung des evangelischen Theologen Gustav Werner und dessen Frau Albertine. Zum Bruderhaus gehörten sogenannte Rettungsanstalten für Waisenkinder, Schulen und Fabriken.

Vom Konditor zum Konstrukteur

Zunächst sollte Wilhelm Maybach im Bruderhaus den Beruf des Bäckers und Konditors erlernen. Doch Pfarrer Werner erkannte die große technische Begabung des Knaben und förderte ihn. So begann Maybach 1861 eine Lehre im Zeichenbüro der Maschinenfabrik und besuchte in der städtischen Fortbildungsschule Unterricht in Physik und Freihandzeichnen sowie später auch Mathematik in der Oberschule. Zudem erhielt er vor Beginn seiner Arbeitstage Unterricht in Englisch und Französisch. Gustav Werner engagierte 1863 den 29 Jahre alten Ingenieur Gottlieb Daimler als Inspektor der Vereinigten Werkstätten des Bruderhauses.

Daimlers Arbeit in Reutlingen markierte den Beginn einer fruchtbaren Partnerschaft. Denn der Werkstätteninspektor erkannte und unterstützte die Fähigkeiten Maybachs. Da war es nur konsequent, dass der junge Konstrukteur im September 1869 Daimler folgte, als dieser Vorstand der Maschinenbau-Gesellschaft Karlsruhe wurde. Maybach arbeitete dort im Konstruktionsbüro. Der nächste Arbeitgeber- und Ortswechsel der beiden stand 1872 an: Daimler wurde Vorstand der Gasmotoren-Fabrik Deutz AG. Das Unternehmen war als Aktiengesellschaft im selben Jahr von Nicolaus August Otto und den Unternehmerfamilien Langen sowie Pfeiffer gegründet worden

Daimlers Visionen und Maybachs Erfindungen

Maybach begleitete Daimler erneut und wurde 1873 Leiter der Konstruktionsabteilung in Deutz. Er arbeitete daran, Ottos Viertaktmotor produktionsreif zu machen. Bereits 1875 unternahm er Versuche mit flüssigem Kraftstoff an einem umgebauten Gasmotor. Im Auftrag von Deutz reiste Maybach 1876 in die USA. Dabei knüpfte er über seinen älteren Bruder Karl Kontakte zum Klavierbauunternehmen Steinway & Sons. Gottlieb Daimler sollte sich 1888 gemeinsam mit Steinway den nordamerikanischen Markt erschließen.

Daimler verfolgte bereits in Deutz die Vision eines kompakten, schnell laufenden Verbrennungsmotors auch als Fahrzeugantrieb. Doch diese Vorstellungen ließen sich in dem Unternehmen nicht verwirklichen. Mitte 1882 schied Daimler aus der Gasmotoren-Fabrik Deutz aus und machte sich in Cannstatt bei Stuttgart selbstständig. Mit Wilhelm Maybach hatte er bereits im April 1882 einen Anstellungsvertrag geschlossen.

Maybach und Daimler setzten hier den Traum des Automobilpioniers einer Motorisierung der Mobilität „zu Lande, zu Wasser und in der Luft“ um: Ab 1882 entstanden in Daimlers Anwesen in der Taubenheimstraße 13 die ersten schnell laufenden Benzinmotoren – aufgrund ihres Aussehens „Standuhr“ genannt – und mit ihnen das erste Motorrad der Welt („Reitwagen“, 1885), das erste Motorboot der Welt (1886) und schließlich das erste vierrädrige Automobil der Welt (Daimlers Motorkutsche, 1886). Später folgten Antriebe für Schienenfahrzeuge (Daimlers Motor-Waggonet, 1887) und das Wölfertsche Motor-Luftschiff (1888).

Maybach brachte mit Konstruktionen wie dem Viergang-Zahnradwechselgetriebe mit verschiebbaren Zahnrädern und dem Zweizylinder-V-Motor (von Peugeot ab 1890 in Lizenz gebaut) die junge Automobiltechnik weiter voran. Selbst vom Zwist zwischen Daimler und dem von ihm gegründeten Unternehmen Anfang der 1890er Jahre ließ sich der Erfinder nicht aufhalten: Im gemieteten Gartensaal des Hotels Hermann entwickelte er den „Phoenix“-Reihenzweizylindermotor sowie den Spritzdüsenvergaser. Der Phoenix-Motor war so erfolgreich, dass internationale Lizenznehmer 1895 die Rückkehr von Daimler und Maybach in die Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) durchsetzten.

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