BMW/Bosch Freie Bahn für freie Werkstätten
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Auf die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Hersteller könnten bald auch Nicht-Markenbetriebe zugreifen. Selbst das Einspielen von Angeboten auf das Infodisplay im Wagen wäre dann Realität – zumindest im Fall BMW.

Immer mehr Fahrzeuge sind über das Internet vernetzt und mit dem jeweiligen Hersteller verbunden. Dieser kann auf diesem Weg Daten abrufen oder Updates über das Mobilfunknetz („over-the-air“) aufspielen. Gleichzeitig können Autobauer auf diesem Weg den Fahrzeugbesitzern sogenannte Connected Services anbieten, etwa für Reparatur- und Wartungsdienstleistungen – das Fahrzeug meldet beispielsweise einen Servicebedarf, funkt diesen zum Hersteller und der bzw. dessen Serviceorganisation schickt dem Kunden ein Angebot ins Fahrzeug. Bislang waren freie Werkstätten bei diesem Konzept außen vor. Doch BMW und Bosch haben nun im Rahmen einer Machbarkeitsstudie eine technische Lösung vorgestellt, die es auch freien Werkstätten ermöglicht, auf diese Fahrzeugdaten zuzugreifen, um die notwendigen Dienstleistungen anzubieten.
Erster Anwendungsfall dieser Connected Services ist die Übermittlung der BMW-Fahrzeugdaten bei einem konkreten Servicebedarf an freie Betriebe (englisch: First Notification of Service Need oder kurz FNOS). Ziel des FNOS-Projekts von BMW und Bosch war es, die technische Machbarkeit der automatischen Übermittlung von Fahrzeugdaten über den Service- oder Reparaturbedarf auch an Freie zu belegen. FNOS übermittelt automatisch alle wichtigen Fahrzeugdaten zum Service. Zuvor muss der Kunde selbstverständlich seine Daten bei seiner Partnerwerkstatt hinterlegen und ihr die entsprechende Genehmigung zur Nutzung dieser geben – Stichwort DSGVO.
Selbst Fehlerspeicherabfragen over-the-air möglich
Zunächst erhält der Autofahrer eine Benachrichtigung über eine bevorstehende Wartung oder eine notwendige Reparatur. Dazu werden detaillierte Live-Daten aus dem Fahrzeug ausgewertet. Die Informationen zum Servicetermin oder der Reparatur werden automatisch an seine Werkstatt übermittelt. Neben den üblichen Informationen zum Fahrzeugmodell werden unter anderem die Daten zum Servicebedarf, wie der Kilometerstand, das Serviceintervall und das Datum bzw. die Distanz, zum nächsten Service übertragen. Zusätzlich werden auch die Informationen aus den Fehlerspeichern des Fahrzeugs übermittelt. Die Werkstatt kann damit den Service oder die Reparatur im Detail vorbereiten und dem Kunden per SMS direkt ein Angebot inklusive Terminvorschlag zuschicken, das auf dem Infotainment-System des Fahrzeugs angezeigt wird.
Die für den Prozess benötigten Daten aus dem Fahrzeug stellt BMW seit 2017 mit seinem Service BMW Car-Data bereit. BMW Car-Data ist gemäß dem Nevada-Konzept (Nevada = Neutral Extended Vehicle for Advanced Data Access) des Verbands der Automobilindustrie (VDA) für Dritte offen. Die Arbeit von Bosch und BMW dient dazu, das Nevada-Konzept des VDA produktiv umzusetzen. In diesem ist grundsätzlich festgelegt, dass „berechtigte Dritte“, wie beispielsweise Werkstätten oder Gutachter, zum selben Zeitpunkt und im selben Umfang wie die Fahrzeughersteller Zugang zu Fahrzeugdaten erhalten sollen.
Neutrale Datenplattform für die sichere Datenübertragung
Wichtig bei der automatisierten Übermittlung der Fahrzeugdaten an die Werkstatt und der Antwort der Werkstatt an das Kundenfahrzeug sind Datensicherheit und -verfügbarkeit. Die Datenübermittlung zwischen den Backend-Servern von BMW und Bosch erfolgt deshalb technisch sicher über den neutralen Datenmarktplatz Caruso. Caruso wurde Ende 2017 von verschiedenen Automobilzulieferern, zu denen auch Bosch gehört, gegründet. Die freie Datenplattform schließt die Lücke zwischen Datenanbietern und Nutzern, indem sie die Daten verschiedener Marktteilnehmer in einem gemeinsamen System vereint und damit neue datenbasierte Geschäftsmodelle ermöglicht.
Neben der erfolgreichen Zusammenarbeit mit BMW arbeitet Bosch derzeit gemeinsam mit weiteren Fahrzeugherstellern daran, auch deren Fahrzeugdaten zu übermitteln. Ziel ist es, den Zugang zu den für Wartung und Reparatur erforderlichen Fahrzeugdaten für freie Kfz-Betriebe auch zukünftig sicherzustellen. Ob und wann besagtes Projekt mit BMW in die Realität umgesetzt wird, steht noch nicht fest. Denn neben technischen und „politischen“ Herausforderungen gibt es noch eine weitere: die Kosten. Denn analog anderer Daten – zum Beispiel Reparaturinformationen oder Diagnosedaten – lassen sich Fahrzeughersteller selbstverständlich auch die Weitergabe von Servicedaten bezahlen.
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