Hanomag Stromlinien-Sportwagen kurz vor der Vollendung
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, welches Potenzial im Diesel einst gesehen wurde. Der revolutionäre Hanomag-Diesel aus den 1930er-Jahren ist Zeitzeuge dieser Ära. Tüftler aus Hannover bauen ihn nach – und sind jetzt auf der Zielgeraden.
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Am Anfang stand ein Zufallsfund. „Ich habe historische Blaupausen aus dem Abfall-Container gezogen, als die Traditionsfirma Hanomag aufgelöst wurde“, sagt der Betriebswirt Horst-Dieter Görg. Das war Anfang der 1980er Jahre, als Görg dort Werksstudent war. Sie zeigten ein historisches Diesel-Weltrekordauto der Hannoveraner Firma, das 1939 auf der Reichsautobahn bei Dessau vier Weltrekorde einfuhr und im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde.
Flach wie eine Flunder, aerodynamisch wie ein Flugzeugrumpf: Es beflügelte Görgs Fantasie. Heute steht ein silbern glänzender Nachbau vor ihm, dessen Technik fast nur aus Originalteilen besteht.
Aus allen Teilen der Republik trugen Görg und seine Freunde vom Arbeitskreis Technik- und Industriegeschichte (AK TIG) Getriebe, Chassis, Motorblock und andere mechanische Teile zusammen. „Nur beim Kühler wollten wir keine Kompromisse eingehen, da haben wir einen hochmodernen Kühler eingebaut“, sagt Görg. Ein Gutachten bescheinigte dem ehrgeizigen Nachbau gerade einen Wert von aktuell 375.000 Euro – wenn er fertig ist, dürfte er die halbe Million streifen.
Nun steht der Hanomag-Diesel-Sportwagen kurz vor der Vollendung. Aktuell mangelt es noch an rund 20.000 Euro Sponsorengeldern. Ein Teil der Verkleidung fehlt noch, auch die Instrumentierung ist noch nicht vorhanden. Es sind vor allem viele Kleinspender, aber auch einige größere Firmen, die das Projekt mitfinanzierten. Ansonsten steckt viel Eigenleistung ehrenamtlicher Schrauber in dem Wagen, der zuletzt ein halbes Jahr lang in der Ausstellung „Strom-Linien-Form“ im Zeppelin Museum in Friedrichshafen ausgestellt war.
Bis 2018 soll der mobile Pionier der damaligen Zeit komplett fertig gestellt sein. Danach wird der Wagen Kernstück eines regionalen Mobilitätszentrums. Bereits 2014 absolvierte der Hanomag im Rahmen der von der Kfz-Innung Dessau/Roßlau organisierten Rekordwoche nach 75 Jahren seine zweite Jungfernfahrt.
Imagepolitur mit Weltrekord
Der in Hannover entwickelte und gebaute Hanomag mit Aluminiumhülle gilt als Meilenstein deutscher Technikgeschichte. Beim Weltrekord kam er mit seinem Klein-Diesel auf 165 Stundenkilometer - Weltrekord. Er sollte auch das damalige Image des vergleichsweise verbrauchsarmen, aber lärmigen Dieselmotors aufpolieren. Denn der trieb zu der Zeit vor allem Lastwagen oder Traktoren an, kaum Pkw. Das Projekt versteht sich als Hommage an Rudolf Diesel sowie Hanomags damaligen Motoren-Chefkonstrukteur Lazar Schargorodsky, der seine Klein-Diesel vor gut 75 Jahren auch bei Personenwagen einsetzte.
Den Original-Dieselmotor hatten die Technikfans im Rheinland gefunden – er sprang trotz seines Alters auf Anhieb an. Bei der AK TIG ging parallel zum Aufbau des Wagens die Suche nach historischen Dokumenten, Fotos und Zeitzeugen weiter. Waren es anfangs noch drei Bilder, so sind es heute schon 20 Stück. Das Unternehmen selbst war nach Problemen in der Nachkriegszeit in Teilen im japanischen Baumaschinenkonzern Komatsu aufgegangen. Rückblickend ist das hannoversche Unternehmen vor allem für seine Traktoren bekannt. Dass es zwischen 1924 und 1951 auch rund 100.000 Pkw baute, ist weithin unbekannt. Dabei war der Hanomag 2/10, im Volksmund auch „Kommißbrot“ genannt, Deutschlands erster Kleinwagen vom Fließband.
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