Kunzmann ist nicht auf Amazon, aber so gut wie Amazon
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Wer auf großen Handelsplattformen präsent ist, verkauft viel, aber verdient nichts. Und wer einen eigenen Onlineshop hat, der wird vom Kunden nicht gefunden. Kunzmann schafft es, beide Vorteile zu verbinden – und wird so zum Gewinnerbetrieb beim Digital Automotive Award 2020.

Dass die Digitalisierung kein Selbstzweck ist, sondern ein Mittel, Abläufe zu verbessern und seine Kunden besser zu bedienen, das hat sich in der Branche mittlerweile herumgesprochen. Doch so konsequent wie das Aschaffenburger Autohaus Kunzmann, ein Mercedes-Benz-Partner mit zehn Standorten in der Rhein-Main-Region, gehen wohl nur wenige Betriebe vor: „Jede Maßnahme muss Mehrwert für das Autohaus und für die Kunden bringen“, fasst Markus Gold, Leiter Business Development und Forschung/Entwicklung, die Maxime zusammen.
Die Kunzmann-Strategie „Das digitale Autohaus 2020“, im Juni 2016 gestartet, liegt voll im Zeitplan. Seither hat das Unternehmen eine Vielzahl von Projekten umgesetzt, von denen der Onlineshop eines der wichtigsten ist. Zusammen mit dem Kundenportal, in dem die Kunden einen Account anlegen und ihre Fahrzeugdaten abspeichern können, hat dieser die klassische Unternehmenswebsite zu einer Vertriebsplattform gemacht.
So kurz zusammengefasst, klingt das erst einmal nicht schwer. Doch der Weg dahin verläuft nicht einfach über die Implementierung einer Software, sondern über Menschen. Deshalb fragte sich das Unternehmen zuerst: „Haben wir die richtigen Mitarbeiter?“ Aus nicht weniger als 55 Jobprofilen, die in den Bereichen E-Commerce, Customer Relationship Management und Onlinemarketing vorkommen, hat Kunzmann drei relevante für sein Geschäft identifiziert und dafür Stellen geschaffen. Nun arbeiten im Autohaus Personen mit so klingenden Stellenbezeichnungen wie Performance-Marketing-Manager, Content-Marketing-Manager und Produktmanager Digitale Produkte. „Das sind alles studierte Leute“, sagt Markus Gold. Insgesamt kümmern sich 29 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in fünf Abteilungen um E-Commerce und Marketing.
Mit so viel unternehmenseigener Kompetenz ist es kein Wunder, dass Kunzmann beispielsweise die E-Commerce-Plattform komplett selbst programmieren konnte. Dabei setzte das Team Features um, die dem Endkunden den Einkauf deutlich erleichtern. So funktioniert die Modellauswahl beispielsweise nicht ausschließlich über die kryptischen Baureihenbezeichnungen, sondern für jedes Modell ist ein Foto hinterlegt. Der Nutzer bekommt im Weiteren ausschließlich die Produkte angezeigt, die zu seinem Auto passen.
„Kunden, die das kauften, interessierten sich auch für... “
Ganz neu ist die Recommendation Engine, die dem Kunden à la Amazon Vorschläge für weitere Einkäufe macht. „Diese Vorschläge sorgen für einen zusätzlichen Umsatz von 20 Prozent“, berichtet Markus Gold. Apropos Amazon: Auf der amerikanischen Verkaufsplattform ist Kunzmann nicht präsent, weil sich das finanziell nicht lohnt. Der Anspruch des Unternehmens ist vielmehr, dem Kunden ein Online-Shopping-Erlebnis zu bieten, das dem auf Amazon in Nichts nachsteht.
Doch dazu muss man von den Käufern erst einmal gefunden werden. Das Zauberwort heißt SEO (Search Engine Optimization, Suchmaschinenoptimierung) und bedeutet, die Online-Inhalte so zu gestalten, dass sie bei einer Google-Suche weit oben in den organischen Suchergebnissen angezeigt werden.
Man könnte das zwar auch mit Werbung erreichen, aber die „bezahlten“ Treffer genießen bei den Internetnutzern nicht das gleiche vertrauen und werden nicht so oft angeklickt wie die organischen. Kunzmann hat es geschafft, durch SEO bei vielen Schlüsselbegriffen auf organische Weise auf die erste Seite der Suchergebnisliste zu kommen – und spart dadurch viel Geld für Adword-Werbung. Ein Beispiel: Beim Suchbegriff „Mercedes Felgen“ erscheint www.kunzmann.de auf Platz 1 der Ergebnisliste – weit vor Mercedes-Benz selbst.
Wie Mercedes Me – aber mit mehr Herz
Keine Angst vor großen Namen zeigt Kunzmann auch bei seinem hauseigenen Kundenportal. Eigentlich braucht ein Mercedes-Benz-Partner so etwas ja gar nicht – schließlich betreibt die Stuttgarter Marke das mächtige Vernetzngskonzept Mercedes Me, in das ja auch die Händler eingebunden sind.
Doch Me kann nicht alles – es fehlt dem System an Regionalität und an „Herz“, wie es Markus Gold treffend ausdrückt. „Das Autohaus muss die Kommunikation mit dem Kunden selbst gestalten können. Sonst ist es austauschbar“, betont der Manager. Deshalb versucht Kunzmann, in seinem Kundenportal vor allem die Bereiche anzubieten, die der Hersteller nicht abdeckt – zum Beispiel regionale Partner einzubinden.
Im Portal kann der Kunde personalisierte Nachrichten empfangen, Termine buchen – und zwar live ins echte Terminsystem –, Bestellungen und Rechnungen des Onlineshops verwalten und seine Adressdaten aktuell halten. Des Weiteren bekommt er Einladungen zu Events. Die Basis von allem ist das eigene Fahrzeug, dessen Daten er in wenigen Schritten (Marke, Modell, Baureihe) wie in einem Konfigurator eingeben kann. Die persönliche Note resultiert daraus, dass er beispielsweise eigene Fahrzeugbilder hochladen darf. Produktempfehlungen im erhält der Kunde immer passend zu seinem eigenen Fahrzeug.
Während manche Kfz-Betriebe noch heute keine eigene Internetpräsenz besitzen, ist das Autohaus Kunzmann schon seit 1996 online. Mittlerweile hat das Aschaffenburger Unternehmen aus seiner Website eine Vertriebsplattform gemacht. Doch das ist nur das äußere Zeichen einer tiefgreifenden digitalen Transformation des gesamten Geschäftsablaufs unter dem Motto „Das digitale Autohaus 2020“. Dieser Meilenstein ist nun erreicht und macht das Autohaus Kunzmann zum Gewinnerbetrieb im Digital Automotive Award. Und die weiteren Entwicklungsschritte sind schon vorgezeichnet. »kfz-betrieb« wird berichten.
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