Unfallforschung Oldtimerfahrer leben gefährlich

Von Steffen Dominsky

Opa gegen Enkel: Was kommt heraus, wenn ein VW T3 und T6 mit 60 km/h aufeinander zurasen? Ein Crashtest zieht den Vergleich und kann Oldtimer-Fahrer nur zu vorsichtiger und vorausschauender Fahrweise raten.

Mit 60 km/h prallen ein VW T3 und T6 beim AXA-Crashtest gegeneinander. Die Überlebenschancen für den Fahrer des Oldies: Einmal dürfen Sie raten!
Mit 60 km/h prallen ein VW T3 und T6 beim AXA-Crashtest gegeneinander. Die Überlebenschancen für den Fahrer des Oldies: Einmal dürfen Sie raten!
(Bild: © KEYSTONE / MELANIE DUCHENE)

Die Sommerferien stehen vor der Tür bzw. sind zum Teil bereits im vollen Gange. Doch auch wenn hierzulande die Pandemie auf allerniedrigste Inzidenzwerte geschrumpft ist, so ist sie dennoch omnipräsent – vor allem in den Köpfen vieler Reisender. Genau deshalb ist bei reichlich Urlaubern, wie bereits im vergangenen Jahr, das eigene Land der Ort der Wahl. Gleiches gilt für das Verkehrsmittel: Auch hier stehen die Zeichen verstärkt auf die eigenen vier Wände bzw. Räder. So ist der eigene Pkw in diesem Sommer Reisemittel Nummer 1 der Deutschen. Rund die Hälfte (49 Prozent) geben im Rahmen einer You-Gov-Befragung an, mit dem Auto zu verreisen. Jeder Fünfte (20 Prozent) ist mit dem Wohnwagen, Wohnmobil oder Camper unterwegs in den Sommerurlaub.

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Gerade Wohnmobile, Camper oder Wohnwagen ermöglichen das beinahe coronafreie Reisen. Die Zulassungszahlen der mobilen Heime explodieren nur so vor sich hin. Beim Versicherer AXA Schweiz hat die Anzahl dieser versicherten Fahrzeuge seit 2015 um 31 Prozent zugenommen. Vor diesem Hintergrund hat die Unfallforschung und Prävention des Unternehmens die diesjährigen Crashtests dem Themenumfeld „Roadtrip“ gewidmet. Dabei haben die Eidgenossen drei unterschiedliche Fahrzeugtypen und Unfallszenarien untersucht. Neben dem Crashverhalten eines Cabrios bei einem Überschlag ging es auch um das eines alten teilintegrierten Wohnmobils. Besonders interessant – aus Sicht vieler Young-/Oldtimer- bzw. VW-Bus-Fans – dürfte dabei das dritte Testszenario sein: VW T3 gegen T6.

Beim T6 bricht die B-Säule

Die Frage, wie das Duell Opa gegen Enkel ausgegangen, dürfte obsolet sein. Dennoch ist es interessant, die Ergebnisse im Detail zu betrachten. Hätten die Insassen des Oldies eine Überlebenschance? Ist man im Neuen perfekt geschützt, oder gibt es auch hier Schwachstellen und Verbesserungspotenzial? Für ihren Crashtest haben die Schweizer eine typische Frontalkollision mit einer linksseitigen Überdeckung von 40 Prozent herangezogen. Sie ist an die Standards von Euro NCAP bei Frontalcrashs angelehnt. Beide Fahrzeuge prallen mit einer Geschwindigkeit von jeweils 60 km/h auf das andere ein. Während der T6 dabei auf eine Fahrzeugmasse von 2.000 kg kommt, sind es beim T3 1.800 kg.

„Beim modernen T6 konnten wir eine extreme Beanspruchung der Knautschzone erkennen, verbunden mit sehr starken Deformationen von der Fahrgastzelle bis hin zur B-Säule. Letztere ist sogar gebrochen, was auf den Bildern an dem Knick am oberen Ende der B-Säule auf der Fahrerseite zu erkennen ist. Die Fahrertür war somit nicht mehr von Hand zu öffnen. Trotz dieser extremen Schäden am Fahrzeug ist der Insasse am Steuer relativ gut geschützt – dank Gurtstraffer, Airbag und der gezielten Verformung der Karosserie. Allerdings dringen das Armaturenbrett und das Lenkrad nach innen. Während der obere Körperbereich ausreichend Schutzraum hat, wird es somit im unteren Bereich sehr eng und die Beine des Fahrers werden eingeklemmt. Es wäre also mit Knie- und Beinverletzungen zu rechnen. Die Überlebenswahrscheinlichkeit ist aber sehr hoch“, erklärt Michael Pfäffli, Leiter der Unfallforschung bei AXA in der Schweiz auf »kfz-betrieb«-Nachfrage.

Fahrer des T3: R.I.P.

„Das ältere T3 erfährt deutlich stärkere strukturelle Deformationen. Der Frontbereich dringt sehr tief in die Fahrgastzelle aufgrund der fehlenden Knautschzone sowie der geringen Steifigkeit der Karosserie. Die linke Seite der Fahrgastzelle wird vollständig eingedrückt. Durch das hereindringende Armaturenbrett und Lenkrad wird der Fahrer regelrecht erdrückt. Zusätzlich hat sich der Innenausbau im hinteren Bereich gelöst und drückt ebenfalls nach vorne. Der Fahrer wird von vorne wie auch von hinten eingeklemmt. Die Überlebenschancen für den Fahrer sind dementsprechend nicht nur gering, sondern gleich null. Für den Beifahrer hingegen hätte es ein wenig anders ausgesehen. Der Frontbereich erfährt nämlich eine asymmetrische Verformung. Während der linke Teil vollständig eingedrückt ist, ergibt sich auf der rechten Seite beim Beifahrer noch ein Überlebensraum. Überlebenschancen auf Beifahrerseite wären somit eventuell vorhanden“, erklärt Michael Pfäffli.

Dass Wohnmobile oder Camper Personenkraftwagen in der technischen Ausstattung der Unfallprävention hinterherhinken, dürfte bekannt sein. Und dass bei einem T3 heutzutage standardmäßig verbaute Assistenzsysteme nicht zu finden sind, verwundert nicht wirklich. Dennoch stellt AXA fest, dass bei den aktuell sehr beliebten Camper-Modellen wie dem VW T3, die preislich laufend näher an Neuwagen rücken, Käuferinnen und Käufer zugunsten des Kultstatus auf Sicherheitsstandards verzichten – mit negativen Folgen.

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