Volkswagen-Chef Diess: „Wir werden praktisch keine Autos mehr los“

Von dpa

Rund zwei Milliarden Euro an Liquidität kostet die Corona-Krise Volkswagen – pro Woche. Konzernchef Herbert Diess ist deswegen alarmiert. Er hofft, dass der Autohersteller zeitnah zu ein wenig Normalität zurückkehren kann. Ansonsten könnte das auch für Mitarbeiter Folgen haben.

„Unsere Verkäufe weltweit stehen“, klagt Volkswagen-Chef Herbert Diess.
„Unsere Verkäufe weltweit stehen“, klagt Volkswagen-Chef Herbert Diess.
(Bild: Volkswagen)

VW-Konzernchef Herbert Diess hat vor möglicherweise noch länger anhaltenden Folgen der Coronavirus-Pandemie für den Autobauer gewarnt. „Wir gehen aus einer starken Position in diese Krise“, sagte er am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. „Aber unsere Verkäufe weltweit stehen. Wir machen keinen Absatz, wir machen keinen Umsatz außerhalb Chinas.“

Derzeit werde der Hersteller in sämtlichen anderen Märkten „praktisch keine“ Autos mehr los, weil die Nachfrage am Boden liege. Infolgedessen nehme die Liquidität stark ab – Diess sprach von bis zu zwei Milliarden Euro pro Woche. Ende 2019 hatte der Konzern im Auto-Kerngeschäft 21,3 Milliarden Euro in der Kasse. Finanzvorstand Frank Witter hält staatliche Hilfe derzeit für nicht nötig. Allerdings befinden sich bereits rund 80.000 Volkswagen-Mitarbeiter aktuell in Kurzarbeit.

„Wir reduzieren unsere Ausgaben. Wir verschieben Projekte, die nicht erfolgskritisch sind“, sagte der Manager. Ob alle in Deutschland Beschäftigten nach den laufenden Werksschließungen wieder voll arbeiten könnten, könne er nicht garantieren: „Es wird davon abhängen: Wie schnell können wir diese Krise beherrschen?“ Im Fall einer längeren wirtschaftlichen Talfahrt werde diese „sicher negative Einflüsse auf unser Geschäft haben“.

Marktstart des ID 3 in Gefahr?

Diess erwartet, dass es dem Konzern und den Mitarbeitern aber gelingen wird, die Probleme abzufedern. Dafür gelte es, die Zeit der Produktionsunterbrechungen zu nutzen: „Wir müssen uns auf den Wiederanlauf vorbereiten.“ Nötig seien etwa neue Hygienemaßnahmen und größere Abstände an den Bändern. „Ich bin froh, dass wir nun mindestens drei Wochen Zeit haben, uns neu zu organisieren. Ich bin zuversichtlich, dass wir es schaffen, so umzubauen, dass sich keiner anstecken wird.“

VW hatte den Fertigungsstopp in Deutschland wegen der Corona-Krise kurz zuvor um vier weitere Tage bis zum 9. April verlängert. Seit einer Woche stehen die Bänder bereits still.

Infolgedessen drohen bei manchem neuen Modell Verzögerungen. Das mit Abstand wichtigste Vorhaben in diesem Jahr ist der Start des neuen E-Autos ID 3, der sich schon wegen der Software-Ausstattung verzögert hatte. „An den kritischen Fahrzeugprojekten arbeiten wir natürlich weiter“, betonte Diess. Er gab sich optimistisch, dass der Wagen wie geplant im Sommer auf die Straße kommen könne.

VW-Finanzchef Witter sagte der „Börsen-Zeitung“, dass das Unternehmen aktuell keinen Bedarf an staatlichen Liquiditätshilfen sehe: „Aus heutiger Sicht schließe ich das aus.“ Beteiligungsverkäufe seien kein Thema, nicht unbedingt nötige Ausgaben würden jedoch geprüft. „Der Einzahlungsstrom hat sich im Zuge der fehlenden Fahrzeugverkäufe stark verengt, daher müssen wir auch den Auszahlungsstrom auf das begrenzen, was aktuell wirklich wichtig ist.“

In der „Braunschweiger Zeitung“ sprach Witter von einer „ernsten Krisensituation“, die momentan aber unter Kontrolle sei. Über die eigenen Mittel hinaus bestehe für VW Zugriff auf Kreditlinien von über 20 Milliarden Euro.

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