VW-Niederlassung soll alten Tiguan trotz Software-Update durch neuen ersetzen

Autor Christoph Seyerlein |

Das Landgericht Hamburg hat in der Diesel-Affäre ein äußerst verbraucherfreundliches Urteil gesprochen. Die dortige VW-Niederlassung soll einem Kunden seinen VW Tiguan trotz Software-Update durch ein neues Modell ersetzen. VW kann das Urteil noch anfechten.

(Bild: Volkswagen)

Das Landgericht Hamburg hat sich in der Diesel-Affäre in einem aktuellen Urteil klar auf die Seite der Verbraucher geschlagen. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Grossam verdonnerte Volkswagen Automobile Hamburg am 7. März (Az. 329 O 105/17) dazu, einem Kunden einen VW Tiguan 2.0 TDI der ersten Generation durch ein neues Modell aus der zweiten Generation ohne Entschädigung für die Nutzung des Autos zu ersetzen. Und das, obwohl auf dem bisherigen Auto des Klägers das vom KBA genehmigte Software-Update bereits aufgespielt wurde, das die illegale Prüfstandserkennung beseitigen soll.

Zudem soll das Autohaus die Prozess- und Rechtsanwaltskosten des Klägers in Höhe von 2.613,24 Euro übernehmen. Volkswagen Automobile Hamburg kann das Urteil noch vor dem Oberlandesgericht Hamburg anfechten.

Zum Hintergrund des Falles: Der Kläger hatte bei Volkswagen Automobile Hamburg am 2. April 2015 einen VW Tiguan 2,0 TDI mit 140 PS und 7-Gang-DSG gekauft. Wie sich später herausstellte, war das Auto von der Abgas-Affäre rund um VW betroffen und mit einer illegalen Prüfstandserkennung unterwegs. Am 19. Juli 2016 ließ der Fahrzeughalter dann das vom KBA freigegebene Software-Update aufspielen.

Dennoch war er der Ansicht, dass aufgrund der Vorgeschichte ein kaufrechtlicher Mangel vorliege und forderte am 16. Januar 2017 vom Autohaus die Nachlieferung eines mangelfreien Neuwagens. Volkswagen Automobile Hamburg lehnte das am 20. Januar 2017 ab. Am 3. April 2017 ging dann die Klage des Kunden beim Landgericht Hamburg ein.

Der Tiguan-Fahrer begründete seinen Forderung unter anderem damit, dass das Fahrzeug aus seiner Sicht nicht so beschaffen war, wie im Kaufvertrag vereinbart. Das Software-Update hielt der Kläger nicht für eine ausreichende Nachbesserung. Er habe es „nur aufgrund des Zwanges und der Befürchtung, dass andernfalls das Fahrzeug stillgelegt werde, aufspielen lassen“, heißt es in der offiziellen Verlautbarung des LG Hamburg zum Urteil. Zudem wies der VW-Kunde darauf hin, dass das Auto nach dem Update einen halben Liter mehr Diesel auf 100 Kilometern verbrauche und einige Teile schneller verschleißen würden.

Beklagte hielt Nachbesserung für unverhältnismäßig

Die beklagte VW Niederlassung hielt dagegen, dass es sich bei der unerlaubten Software um keinen Sachmangel handle und verwies darauf, dass das Auto „uneingeschränkt gebrauchstauglich“ sei. Außerdem hielt die Beklagte das Software-Update für eine geeignete Nachbesserung, dies habe auch das KBA festgestellt.

Eine Nachlieferung erklärte Volkswagen Automobile Hamburg für unverhältnismäßig, da der neue Tiguan nicht zur selben Gattung gehöre wie der alte. Unter anderem hat die neue Generation 10 PS mehr und erfüllt die Euro-6-Norm, auch äußerliche Unterschiede seien vorhanden, so die Beklagte. Generell würde eine Nachlieferung die Kosten für eine Nachbesserung weit übersteigen.

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