BGH wertet fehlende Garantie als Sachmangel

Von Andreas Grimm

Die Garantiezusage im Zuge eines Verkaufsprozesses ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ein Beschaffenheitsmerkmal. Stellt sich später heraus, dass sie fehlt, liegt ein Sachmangel vor, auch wenn den Händler keine Schuld trifft.

(Bild: BGH-Pressestelle)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 15. Juni klargestellt, dass eine Herstellergarantie für einen jungen Gebrauchtwagen ein Beschaffenheitsmerkmal für die Kaufsache darstellt. Stellt sich das Garantieversprechen des Händlers als unzutreffend heraus oder erlischt die Garantie ohne Verschulden des Käufers, liegt ein Sachmangel vor, der den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt (Az. VIII ZR 134/15).

Geklagt hatte der Besitzer eines gut 42.000 Euro teuren Sportcoupés, das kurz nach dem Kauf über eine Internet-Plattform im Juli 2013 Probleme machte und mehrmals in die Werkstatt musste. Dort wurden zwei Teile ausgetauscht – zunächst auf Garantie, denn nach den Angaben des Händlers sollte diese noch ein gutes Jahr laufen.

Später verweigerte der Hersteller weitere Garantieleistungen. Seine Begründung: Im Rahmen einer Motoranalyse seien Anzeichen für eine Manipulation des Kilometerstandes festgestellt worden, die zu einem unbekannten Zeitpunkt vor der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger vorgenommen worden war. Die Kosten der bereits durchgeführten Reparaturleistungen und des während der letzten Reparatur zur Verfügung gestellten Ersatzfahrzeugs wurden dem Kläger nunmehr teilweise in Rechnung gestellt.

Daraufhin trat dieser unter Verweis auf die nunmehr fehlende Herstellergarantie vom Kaufvertrag zurück und verlangte vom Händler die Rückzahlung des Kaufpreises sowie den Ersatz ihm entstandener Aufwendungen.

Weit gefasster Begriff der Beschaffenheit

Der Händler wollte sich darauf nicht einlassen und fand zunächst vor dem Landgericht Ingolstadt, dann beim Oberlandesgericht München auch Gehör. Beide Gerichte hatten die verfallene Garantie nicht als Mangel gelten lassen. Aus ihrer Sicht handelt es sich dabei nur um eine rechtliche Beziehung zwischen Hersteller und Fahrzeughalter.

Anders sieht das der BGH. Der für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat machte deutlich, dass seit der im Jahre 2001 erfolgten Modernisierung des Schuldrechts ein wesentlich weiter gefasster Beschaffenheitsbegriff gilt. Das Bestehen einer Herstellergarantie für ein Kraftfahrzeug sei daher als Beschaffenheitsmerkmal nach allen Tatbestandsvarianten des § 434 Abs. 1 BGB zu werten. Der Garantie komme „beim Autokauf regelmäßig sogar ein erhebliches wirtschaftliches Gewicht“ zu, führte der Senat aus.

In dem zitierten Paragrafen heißt es zudem wörtlich: „Zu der Beschaffenheit nach Satz 2 Nr. 2 gehören auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (…) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann (…).“

Endgültig entschieden ist der Streit damit noch nicht. Denn der BGH muss sich auf die Fakten stützen, die die Gerichte vor ihm in Erfahrung gebracht haben, und da bleiben etliche Fragen offen. So ist etwa nicht bekannt, um wie viele Kilometer der Zählerstand manipuliert wurde und ob sich die Garantie durch eine Nachbesserung am Auto – zu der der Händler grundsätzlich berechtigt wäre – wiederherstellen ließe. Das Oberlandesgericht München muss den Fall daher neu verhandeln und entscheiden.

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