„Ich hatte nicht mit so großen Turbulenzen beim ZDK gerechnet“
Im Gespräch mit »kfz-betrieb« blickt Robert Rademacher auf Trends und Ereignisse seiner Amtszeit als ZDK-Präsident zurück.
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Herr Rademacher, nach acht Jahren als Präsident des Kfz-Gewerbes endet nun auch Ihre zweite volle Amtszeit. Wie lautet Ihr Resümee?
Robert Rademacher: Zur Präsidentschaft kam ich wie die Jungfrau zum Kinde. Ohne das Insistieren von Fritz Haberl hätte ich mich um diese Aufgabe gedrückt. Damals war die Lage in der Branche schwierig, die beim Verband noch schwieriger. Ich hatte nicht geahnt, dass die Turbulenzen beim ZDK so groß waren. Inzwischen ist der Verband längst wieder in normalem Fahrwasser. Im Rückblick kann ich sagen: Es hat nicht immer Spaß gemacht, aber es hat doch oft Freude und Genugtuung bereitet.
In Ihre Präsidentschaft fallen diverse Entwicklungen und auch Jubiläen, eines davon ist das 100-jährige Jubiläum des Verbands im Jahr 2009. Was blieb Ihnen dazu in Erinnerung?
Es war eine Demonstration der Kraft unseres Gewerbes – obwohl es das wirtschaftlich schwierigste Jahr meiner gesamten Amtszeit war. Das hat dazu geführt, dass wir die ursprünglich geplanten Feierlichkeiten eingedampft und uns auf eine Hauptfeier in Berlin konzentriert haben. Die aber hatte es in sich! Zudem erinnert ein sehr lesenswertes Buch an 100 Jahre Verband vor dem Hintergrund von 100 Jahren deutscher Geschichte.
In das gleiche Jahr fällt auch die Umweltprämie, die viele Betriebe gerettet hat.
Zumindest vielen Betrieben entscheidend geholfen hat.
Wie bewerten Sie die Umweltprämie im Rückblick?
Ich kann mir keine Aktion vorstellen, die zum fraglichen Zeitpunkt für das Kfz-Gewerbe hilfreicher gewesen wäre. Zu dieser Prämie ist es nicht zuletzt auch durch den Einfluss unseres Verbandes gekommen; interessanterweise über unsere Handwerksseite – dank deren enger Einbindung in den ZDH. Die gewährte Förderung ging deutlich über unsere Erwartungen hinaus. Offenkundig auch über die der Kaufinteressenten und der Finanzverwaltung. Denn der ursprüngliche Fördertopf von 1,5 Milliarden Euro musste mehr als verdoppelt werden.
Zugleich schrien die freien Werkstätten auf und fürchteten um ihr Geschäft. Hier mussten die Wogen innerhalb des Verbandes geglättet werden.
Die Sorge der freien Werkstätten war, dass mit den Altfahrzeugen auch ihre Kunden verschwinden. Es wurde bereits geklagt, als es noch gar keine Marktreaktion geben konnte. Dem war leicht zu begegnen. Am Ende entpuppte sich das prophezeite Loch allenfalls als kleine Delle.
Zudem war die Umweltprämie für den Staat aufgrund der eingenommenen Mehrwertsteuer kostenneutral.
Es gibt Berechnungen, die von einem weitgehenden Ausgleich sprechen. Statt von privat einen Gebrauchten ohne Mehrwertsteuer zu erwerben, haben sich viele Käufer für einen Neuwagen vom Händler mit Mehrwertsteuer entschieden. Die so erzielten Mehrwertsteuer-Mehreinnahmen haben sicherlich einen Großteil des Prämientopfes finanziert.
Wäre dies nicht auch eine gute Aktion, um die Elektromobilität voranzutreiben?
Ein gewisser Zuschuss zu den Kaufkosten wäre schon hilfreich. Das zeigt die Erfahrung. Eine solche Stimulanz brauchen wir, sobald das Angebot größer ist. Allein nur nicht-finanzielle Anreize werden nicht ausreichen. Sie sind politisch auch kaum umsetzbar. Ich hätte zumindest ein ungutes Gefühl, wenn ein Panamera Hybrid auf der Busspur an dem in die Innenstadt führenden Stau vorbeifahren und dann auch noch vor dem Rathaus kostenlos parken dürfte.
Welche Rolle spielt das Internet?
Es führt zu mehr Wettbewerb. Das Gebiet eines Händlers endete früher an den Grenzen des Verbreitungsgebietes seiner Lokalzeitung. Kein Düsseldorfer Händler wäre auf den Gedanken gekommen, in einer Kölner Lokalzeitung zu werben und umgekehrt. Das Internet hat diese Grenzen aufgehoben.
Davon wollen auch Dritte profitieren.
Wir brauchen für den Onlinevertrieb von Neuwagen aber nicht die Mittlerdienste von Dritten. Onlineplattformen, auf denen Neuwagen anonym – ohne Nennung des Händlers – angeboten werden, sollten wir mittels Online-Markenbörsen, die den anbietenden Händler namentlich nennen, entschieden begegnen.
Nun kommen die Portale in der Servicewelt an. Wie schätzen Sie deren Zukunft ein?
Wo das hinführt, ist noch nicht absehbar. Ein gewisses Interesse an Werkstattportalen ist feststellbar, aber es ist nicht erdrutschartig. Mit den Werkstattportalen können wir zurechtkommen, weil die Angebote identifizierbar und nicht anonym sind. Allerdings führt auch diese Entwicklung zu erhöhtem Preisdruck.
Der Preisdruck steigt auch durch Werkstattketten.
Wettbewerbsverzerrung ist nicht auf Dauer möglich. Vor ATU habe ich die geringste Sorge. Ich möchte nicht in deren Haut stecken. Die Nachfolger von Herrn Unger scheinen viele seiner einstigen Rezepte, auf denen sein Erfolg beruhte, vergessen zu haben.
Da könnte der eine oder andere Interesse haben, z. B. der schwarz-gelbe Verkehrsclub.
Dem ADAC dürfte die Lust auf ein solches unternehmerisches Abenteuer vergangen sein. Das wäre vor einem halben oder ganzen Jahr möglicherweise noch anders gewesen.
Zuletzt noch ein Ratschlag an Ihren Nachfolger im Präsidentenamt.
Kommt es zur Wahl des vom ZDK-Vorstand vorgeschlagenen Kandidaten, so bekommt der Verband aus meiner Sicht einen sehr guten Präsidenten. Ihm wünsche ich, dass er sein von mir sehr geschätztes Verhalten, sich mit klarem und ausgewogenem Urteil den anstehenden Fragen zu widmen, unverändert beibehält.
Teil 2 des Interviews erscheint in der »kfz-betrieb«-Ausgabe 24 am 13. Juni.
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