Japanische Fahrzeugaufbereitung: Weg mit schlechten Geistern

Autor / Redakteur: sp-x / Andreas Wehner

Wo in Deutschland geschrubbt und poliert wird, sind die Japaner gründlicher. Dort werden Gebrauchte auch von Geistern befreit.

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Wer in Japan auf Nummer sicher gehen will, dass Auto und Insassen sicher unterwegs sind, wird bei einem Schrein vorstellig.
Wer in Japan auf Nummer sicher gehen will, dass Auto und Insassen sicher unterwegs sind, wird bei einem Schrein vorstellig.
(Foto: sp-x)

Glasreiniger, Cockpitspray und vielleicht noch Desinfektionsmittel, Waschanlage, Staubsauger und wenn es hart kommt, ein Besuch beim Aufbereiter: Von den 7,1 Millionen Gebrauchtwagen, die im vergangenen Jahr in Deutschland ihren Besitzer gewechselt haben, hat ein Großteil diese Reinigungsprozedur in irgendeiner Art und Weise durchlaufen. Auf der anderen Seite der Welt ist die Zeremonie etwas aufwendiger: Hier muss der Gebrauchte schon mal von der Seele des Vorbesitzers befreit werden.

„Es kommt vor, dass das Auto ein schlechtes Qi aufgenommen hat“, sagt Eisuke Goto. Der Japaner sitzt in seinem kleinen Apartment in Tokio, unweit des Meiji-Schreins. Er bietet Tee an, dann erzählt er von seiner Berufung: Menschen helfen. Als Akupunkteur heilt er seelische und körperliche Beschwerden seiner Patienten, als Rei-jutsu-Therapeut löst er spirituelle Probleme.

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In dieser Funktion reinigt er Autos. Nicht mit Wasser und Seife, sondern auf spiritueller Ebene. Der chinesische Begriff „Qi“, über den Goto spricht, meint Energie, in diesem Fall ist es eine schlechte Energie, die der Gebrauchtwagen aufgenommen hat.

„Einige Autos scheinen Unfälle nur so anzuziehen“, nennt der Japaner ein Beispiel. In anderen Fällen hat der Vorbesitzer seine Probleme im Auto zurückgelassen, so dass der Wagen einen schlechten Einfluss auf das Leben seines neuen Besitzers hat. Das kann sich sogar in körperlichen Symptomen äußern. Gotos Patienten kommen zu ihm, damit er die schlechten Geister aus ihrem Auto entfernt.

Reinheit des Geistes ist wichtig

Was für deutsche Ohren befremdlich klingen mag, ist in Japan üblich. In einem Land, in dem die städtischen Bürgersteige so rein sind, dass selbst penible deutsche Hausfrauen staunen würden und sogar Hosentaschen-Aschenbecher Abnehmer finden, damit Mitmenschen nicht mit Zigarettenkippen belästigt werden, legt man auch auf die Reinheit des Geistes großen Wert.

Das Thema Gebrauchtwagen nimmt dabei einen speziellen Platz ein. Das besondere Verhältnis der Japaner zu Wagen aus Vorbesitz kann man schon in den Straßen Tokios erkennen, wenn man genau hinschaut: Es fahren fast ausschließlich neuere Modelle durch den dichten Hauptstadt-Verkehr. Über fünf oder gar zehn Jahre alte Autos sieht man kaum.

Aber nicht, weil sie massenhaft den Geist aufgegeben hätten, um ein thematisch passendes Wortspiel zu wählen. Im Gegenteil, gerade wegen ihres gepflegten Zustandes lohnt es sich oft, sie auch weitere Wege zu transportieren und dann zu verkaufen. Die Gebrauchten werden in großen Mengen exportiert, nach Russland oder Neuseeland zum Beispiel.

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