Autowerkstatt 4.0 Künstliche Intelligenz soll künftig die Diagnose verbessern

Von Steffen Dominsky

Werkstätten soll das Rätselraten abgenommen werden: Liegt die Fehlerursache in dieser, dieser oder jener Komponente? Die Antwort könnte künftig die „KI“ geben. Gefüttert werden soll sie mit dem Know-how, das ausgesuchte Betriebe im Rahmen eines Forschungsprojekts einspeisen.

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Das Projekt „Autowerkstatt 4.0“ möchte freien Werkstätten mit künstlicher Intelligenz bei der Diagnose unter die Arme greifen.
Das Projekt „Autowerkstatt 4.0“ möchte freien Werkstätten mit künstlicher Intelligenz bei der Diagnose unter die Arme greifen.
(Bild: LMIS AG)

2.0 ist out, 3.0 gab’s nicht, kommt also 4.0. Diesem scheinbar logischen Prinzip bei der Namensgebung von Produkten und anderem folgen immer mehr Unternehmen und Institutionen. Da ist die Autowerkstatt 4.0 keine Ausnahme. Doch handelt es sich bei ihr um kein konkretes Produkt oder eine Dienstleistung. Sondern vielmehr um ein Forschungsprojekt, das ein Konsortium aus mehreren Unternehmen und Bildungseinrichtungen jetzt gestartet hat.

Mit satten 7,5 Millionen Euro fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) das auf drei Jahre angelegte Projekt. Mit dem Geld wollen die acht Partner unter Führung der LMIS AG eine Datenaustauschplattform für Kfz-Werkstätten, Diagnosesystemanbieter und weitere kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) der Automobilbranche aufbauen. Die Plattform soll freie Betriebe und KMUs dazu befähigen, Fehlerdiagnosen und somit Reparaturen zielgerichteter und damit schneller und günstiger durchführen zu können.

Das im Werkstattalltag oftmals praktizierte Rätselraten oder Teiletauschen soll damit künftig reduziert bzw. vermieden werden. Ziel ist es, vor allem freie Betriebe zu befähigen, ihre Prozesse (weiter) zu digitalisieren. Das heißt, das Wissen in den Werkstätten soll gesammelt und digital aufbereitet werden mit dem Ziel, wahrscheinliche Fehlerquellen zu nennen und Reparaturempfehlungen auszugeben.

Möglich machen soll das der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI). Doch um eine solche einsetzen zu können, muss sie zuerst mit jeder Menge Daten und Informationen gefüttert werden. Dazu zählen folgende:

  • Aussagen oder Beobachtungen der Kunden (Fahrzeugbesitzer)
  • Ergebnisse klassischer Steuergerätediagnosen via OBD
  • explizite Sensor-/Aktormessungen mithilfe spezieller Kfz-Oszilloskope

Im ersten Schritt nur VW-Gruppe

Damit das gelingen kann, wollen die Projektbetreiber den teilnehmenden Werkstätten entsprechende Messtechnik in Form eigens entwickelter Digital-Oszilloskope zur Verfügung stellen, deren Ergebnisse auf ebenfalls gestellter IT-Technik (Rechner) gesammelt werden. Bei den Oszilloskopen handelt es sich, anders als üblich, nicht um „große“ Mehrkanal-, sondern um kleine Einkanal-Geräte, nicht größer als ein Finger. Möchte man zeitgleich die Signale von drei Sensoren aufnehmen, benötigt man also drei dieser kleinen Oszilloskope. An sie lassen sich handelsübliche Sensoren, Messwertaufnehmer etc. anschließen.

Aktuell stehen 200 solcher „Mess- und IT-Sets“ zur Verfügung. Sie beinhalten mit „VCDS“ auch das bekannte freie Diagnosesystem für die VW-Gruppe. Deshalb erstreckt sich das Forschungsprojekt zuerst ausschließlich auf ISO-normierte Fehler dieser Marken. Rund 5.000 Werkstätten nehmen an der Autowerkstatt 4.0 teil. Sie gehören etwa zur Vergölst GmbH und Fahrzeug-Werke Lueg AG bzw. sind Innungsmitglieder der Kfz-Innungen Baden-Württemberg und Niedersachsen. Auch der Bosch Service Strategieausschuss, das Pirelli-Konzept „Driver“ und Point-S beteiligen sich an dem Projekt.

Zu den acht Betreibern der Autowerkstatt 4.0 gehören Auto-Intern GmbH, Dekra Digital, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH, Fahrzeugwerke Lueg AG, Hochschule Osnabrück, Technische Hochschule Georg Agricola, Vergölst GmbH und Eco – Verband der Internetwirtschaft. Sie haben im vergangenen Jahr den Förderwettbewerb „Innovative und praxisnahe Anwendungen und Datenräume im digitalen Ökosystem Gaia-X“ des BMWK gewonnen. Das Projekt ist eine der ersten Anwendungen, die im Rahmen des europäischen Datenökosystems „Gaia-X“ entwickelt werden. Dieses hat zum Ziel, eine leistungs- und wettbewerbsfähige, sichere und vertrauenswürdige Dateninfrastruktur für Europa aufzubauen.

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