Nissan GT-R – Godzilla brüllt weiter

Autor / Redakteur: sp-x / Jens Rehberg

Jenseits der Vernunft gibt es eine Reihe von Fahrzeugen, die ungemein Spaß machen und ihrem Eigner nicht nur monetär einiges abverlangen. Eines davon kommt ausgerechnet von der sonst so vernünftigen E-Auto-Vorreitermarke Nissan.

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Nissan hat den GT-R geliftet.
Nissan hat den GT-R geliftet.
(Bild: Nissan)

Nissan hat nach neun Jahren sein heißestes Modell runderneuert. Das Design des Allrad-Sportwagens GT-R wurde behutsam aktualisiert, um die Aerodynamik und die Effizienz zu verbessern. Der 3,8 Liter-Sechszylinder mit Doppelturbo leistet jetzt 417 kW/570 PS und damit 20 PS mehr als der Vorgänger. Auch der Innenraum des bis zu 315 km/h schnellen Japaners wurde deutlich veredelt und entspricht nun den Ansprüchen der betuchten Kundschaft. Schließlich kostet der GT-R mindestens 100.000 Euro.

Schwarzgraue Regenwolken kriechen über die bewaldeten Hügel der Ardennen und öffnen genau über der berühmten Rennstrecke von Spa ihre nassen Pforten. Von nun an zieht der flache Renner lange Gischtfahnen hinter sich her. Der neue Nissan GT-R, einer der letzten echten Sportwagen, gehört nun mal bei jedem Wetter auf die Piste. Schließlich hat er Allradantrieb, diverse elektronische Hilfen und eine mitdenkende Doppelkupplungs-Automatik, die es trotz des schmierig-schwierigen Geläufs immer wieder schafft, zumindest einen großen Teil der unbändigen Kraft auf die Straße zu bringen.

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In der neuen Zeit der Elektromobilität, der bald selbstfahrenden Autos, des Carsharings und der allerorts drohenden Tempolimits und rigiden Umweltzonen fällt es nicht leicht, einem so starken, teuren und schnellen Sportwagen die angemessene Referenz zu erweisen. Natürlich ist der Nissan GT-R ein Relikt des Gestern, als die Welt noch eine andere war. So ein Auto braucht eine Unmenge an fossilem Sprit, beansprucht viel zu oft die linke Spur der Autobahnen und schafft es umgehend in die Schlagzeilen oder auf Facebook-Seiten, wenn ein allzu forscher, aber nicht wirklich begabter Nutzer in der Leitplanke landet.

Und doch gerät Hiroshi Tamura, der Chefentwickler des Super-Nissan, in recht unjapanische Verzückung, wenn er über seine Schöpfung spricht. Zum Beispiel über die Takumi genannten Handwerksmeister, die den Hochleistungsmotor weitgehend von Hand zusammenbauen und ihr Werk dann mit einer Namens-Plakette adeln. Über das Tüfteln an der Aerodynamik wie an den seitlichen Schwellerlippen, die den Luftstrom unter dem Wagenboden so lenken, dass sich die Stabilität des ganzen Autos erhöht. Der Ingenieur berichtet von der verbesserten Beatmung des Sechszylinders, die einen deutlich größeren Kühlergrill bedingt, der so zum einem optischen Erkennungsmerkmal des neuen GT-R wird.

Aber auch Hiroshi Tamura weiß, dass die künftigen Besitzer sich wohl ebenso selten auf abgesperrte Rennstrecken wagen wie SUV-Eigner abseits fester Straßen. Deshalb vereint „sein“ GT-R eigentlich zwei Autos: Ein alltagstaugliches Coupé mit einem durchaus komfortablen Fahrwerk und einer Automatik, die recht früh hochschaltet und die bullige Durchzugskraft von immerhin 638 Newtonmetern nur ausreizt, wenn es ans Überholen geht. Dabei sitzen die beiden Passagiere hinter einem mit Nappaleder bespannten Armaturenbrett auf neu geformtem Gestühl, das auch dank seiner fein gesteppten Nähte hochwertig anmutet.

„Noch nie in der langen Geschichte unserer GT-R-Modelle konnten sich die Insassen so wohl fühlen“, sagt Tamura. Was allerdings nicht für die beiden Rücksitze gilt: Sie sind wirklich nur für sehr junge, noch nicht schulpflichtige Mitreisende geeignet.

Sticht den Fahrer der Hafer, lassen sich mit Hilfe von drei kleinen Wippen unterhalb des Acht-Zoll-Monitors die grimmigen Seiten des von seinen Fans ebenso liebevoll wie ehrfürchtig „Godzilla“ getauften GT-R erwecken. Ähnlichkeiten mit dem ungestümen Auftritt des schuppigen japanischen Filmmonsters sind durchaus gewollt. Ein beherzter Tritt aufs rechte Pedal sorgt dafür, dass sich die Nadel des zentral angeordneten Drehzahlmessers der Zahl 7.000 nähern kann, ehe der nächste der sechs Gänge an die Reihe kommt. Dabei ist der Sound stets kraftvoll, aber nie penetrant.

Dass der Nissan auf exzellente Bremsen ebenso vertrauen kann wie auf eine zupackende, zielgenaue Lenkung, versteht sich bei dieser Spezies von Autos von selbst.

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