Polestar 1: Ein Kompromiss zum Start
Volvo verfolgt mit Polestar nach eigenen Angaben einen „revolutionären“ Ansatz in Sachen Elektromobilität. Vom Start weg setze man auf batteriebetriebene Autos und wolle dabei auch keine Kompromisse machen. Na ja, außer vielleicht beim ersten Modell.
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Am besten fragt man gleich ganz oben nach, wenn man etwas nicht versteht. Also: Warum präsentiert sich die neue Marke Polestar als konsequenter Elektrohersteller, und dann brummelt gleich im ersten neuen Auto doch ein kräftiger Vierzylinder unter der Haube?
Thomas Ingenlath kann mit diesem Widerspruch leben, er lächelt ihn lässig weg. „Wir hätten auch sagen können, wir lassen es sein“, sagt der Polestar-CEO, der früher Designchef von Volvo war. Aber man sieht ihm sofort an, dass das Sein-Lassen eigentlich keine Option für ihn war: „Das Auto ist so faszinierend und hat einfach eine große Relevanz fürs Hier und Jetzt.“
Zumindest macht es enormen Spaß, hier und jetzt damit zu fahren, und das nicht nur, weil der Polestar 1 zu den schönsten Coupés der letzten Jahre gehört. 448 kW/609 PS und 1.000 Newtonmeter Drehmoment schieben diesen Gran Turismo so vehement nach vorn, dass man schon einen echten Sportwagen benötigt, um da noch mitzuhalten. Erstaunlich, was aus der Kombination aus Benzin- und Elektroantrieb erwachsen kann.
Allerdings ist der Polestar 1 nicht einfach nur ein weiterer Plug-in-Hybrid. Beim Hersteller haben sie die Bezeichnung „Electric first“ für dieses Auto gefunden, denn im Gegensatz zu herkömmlichen Plug-in-Modellen kann man im Polestar 1 deutlich schneller und deutlich länger rein elektrisch fahren.
Mehr als doppelt so hohe Elektro-Reichweite wie gewöhnliche Plug-in Hybride
125 Kilometer beträgt die elektrische Norm-Reichweite (nach WLTP), bevor das umfangreiche und zweigeteilte Akkupaket mit seinen 34,5 Kilowattstunden Kapazität wieder gefüllt werden will. Damit bietet der schwedische Wagen – Polestar ist ein Gemeinschaftsprojekt von Volvo und dessen chinesischer Mutterfirma Geely – eine mehr als doppelt so hohe Elektro-Reichweite wie gewöhnliche Plug-in-Hybride.
Das Auto kann mit Wechselstrom (AC) bis 11 kW und mit Gleichstrom (DC) bis 50 kW laden, das AC-Laden zu Hause (bei 16 Ampere) dauert drei Stunden, das DC-Laden wird mit „weniger als eine Stunde“ angegeben.
Für den Alltag bedeutet das, dass die Grundidee des Plug-in-Hybriden, im Alltag rein elektrisch zu fahren und nur auf echten Langstrecken den Benzinmotor zu nutzen, hier tatsächlich mal verwirklicht wurde. Zumal das Auto im Elektromodus 160 km/h erzielt, also auch auf kurzen Autobahnetappen gut mithalten kann. Wer im EV-Modus unterwegs ist, kann übrigens nicht per Kickdown auf Hybridbetrieb umschalten: Elektro bleibt Elektro, und wer mehr Motorkraft will, muss Hybrid- oder Sportmodus auf dem zentralen Bildschirm aktivieren.
Ohne Aufpreisliste, mit Vollausstattung
Der Polestar 1 erlaubt also nahezu jedem Berufspendler die Hin- und Rückfahrt rein elektrisch, und der Fahrer braucht auch dann nicht nervös zu werden, wenn er unterwegs per Anruf noch zum Supermarkt umgeleitet wird. Das Problem ist nur: Der passende Pendler-Job für einen Polestar 1 muss erst noch geschaffen werden.
Das Auto kostet sage und schreibe 155.000 Euro und ist damit eher etwas für den Besitzer einer Firma als für einen seiner pendelnden Angestellten. Die Extraportion Akkus verteuert die Sache natürlich, aber gleichzeitig hat man sich in Schweden und China entschieden, die Karosserie aus Karbon zu fertigen und den Wagen ohne Aufpreisliste, dafür aber mit Vollausstattung anzubieten. Zudem sucht der Antriebsstrang in Sachen Elektro-Hightech seinesgleichen.
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