Urteil: Höherer Spritverbrauch ist nicht unbedingt ein Sachmangel
Die Herstellerangaben zum Energieverbrauch ihrer Fahrzeuge dürfen um zehn Prozent abweichen. Erst wenn der Sprit- oder Stromverbrauch höher ist, hat der Kunde Aussichten, Rechtsmittel dagegen einzulegen. So urteilte nun das Münchener Landgericht.

Wenn ein Fahrzeug mehr Kraftstoff verbraucht, als vom Hersteller angegeben, ist das nicht automatisch ein Grund, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Liegt der Mehrverbrauch unter zehn Prozent gegenüber den Herstellerangaben, ist das kein erheblicher Sachmangel. Zu diesem Urteil kam das Landgericht München bei einem Streit zwischen einem Käufer eines Hybridfahrzeugs und einem Autohändler.
Bei einem Hybridfahrzeug, dessen Elektroantrieb und Batterie ordnungsgemäß funktionieren, sollte der Energieverbrauch nicht wesentlich von dem nach der EU-Norm ermittelten Messergebnis abweichen. Passiert dies doch, muss der Käufer dies unter Umständen beweisen. Dazu muss er das Fahrzeug auf eigene Kosten um ein Spezialbauteil nachrüsten. Macht er das nicht, bleibt er dem Gericht den Beweis schuldig.
So erging es einem Käufer eines 14 Monate alten Toyota Yaris, einem Hybridfahrzeug mit fest verbauter Batterie ohne Plug-in-Lademöglichkeit. Bei den Kaufvertragsverhandlungen hatte der Kfz-Händler dem Käufer das Datenblatt des Herstellers vorgelegt, in dem der kombinierte Durchschnittsverbrauch für Fahrten inner- und außerorts mit 3,3 l bis 3,6 l auf 100 km angegeben war. Gut ein halbes Jahr später beschwerte sich der Käufer, weil laut seiner Anzeige der Durchschnittsverbrauch bei 5,4 l/100 km läge. Weil der Verkäufer nicht auf eine Frist zur Nachbesserung reagierte, wollte der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten.
Das Landgericht München II (Az. 13 O 4777/16) entschied jedoch, dass der Käufer dazu kein Recht habe, da das Fahrzeug keinen erheblichen Sachmangel aufweise. Der liege erst dann vor, wenn der gemessene Kraftstoffverbrauch um mehr als zehn Prozent über den Herstellerangaben liege. Ausschlaggebend sei der Mittelwert, der auf Basis des – zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen – standardisierten europäischen NEFZ-Verfahrens errechnet werde und beim kombinierten Verbrauch 3,57 l/100 km betrage.
Der wurde laut Gericht in diesem Fall jedoch nur um 8,18 Prozent überschritten und liegt somit unterhalb des Schwellenwertes von zehn Prozent. Wenn der Käufer die Messergebnisse des Gutachters anzweifele, müsse er dies mit einem nachgerüsteten Bauteil nachweisen. Weil er das nicht getan hatte, wies das Gericht seine Klage ab.
Verbrauch hängt stark von individuellen Faktoren ab
In seiner Begründung erläuterte das Gericht die Hintergründe: Zur Feststellung der Höhe des Kraftstoff(mehr-)verbrauchs ist auch für Hybridfahrzeuge auf die einschlägigen standardisierten Prüfverfahren nach EU-Vorgabe abzustellen (NEFZ- oder – für ab dem 1. September 2018 erstzugelassene Fahrzeuge – WLTP-Prüfverfahren).
Behauptet der Käufer, dass eine zusätzliche Messung der Energieflüsse des Elektroantriebs einen höheren Verbrauchswert aufzeigen werde, müsse er die Voraussetzungen für die Durchführung einer solchen Messung schaffen.
Zwar spiegele das neue WLTP-Prüfverfahren (Worldwide Harmonised Light-Duty Vehicles Test Procedure) realitätsnähere Werte für den Verbrauch (und Schadstoffausstoß) von Fahrzeugen als das NEFZ-Prüfverfahren. Aber auch dieses Verfahren diene nur dem Vergleich von Fahrzeugen untereinander und spiegele nicht den realen Verbrauch des Autofahrers auf der Straße wider.
Daher könne es Abweichungen zwischen dem gemessenen Verbrauchswert und dem Realverbrauch des Fahrers geben. Den „einen Realverbrauch“ gebe es nicht, weil der Verbrauch stark von individuellen Faktoren wie Fahrstil, Verkehrsfluss, Topografie und Wetter abhänge, hieß es in der Urteilsbegründung.
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