Das Autohaus Freese hat Fans statt Kunden
Das BMW- und Mini-Autohaus Freese in Oldenburg hat sich den Umgang mit den Kunden von der Hotellerie und Gastronomie abgeschaut. Ein entsprechendes Maßnahmenbündel beeindruckte die Vertriebs-Award-Jury – und hob den Betrieb auf Platz drei.
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Kundenzufriedenheit ist ein Steckenpferd von Tammo Kayser. Der Geschäftsführer des Oldenburger BMW- und Mini-Autohauses Freese hat die Organisation seines Betriebs darauf ausgerichtet, Kunden nicht nur zufriedenzustellen, sondern zu begeistern. „Turning customers into fans“ ist das Motto des Autohändlers. Wie es gelingt, Kunden zu Fans zu machen, hat er sich in anderen Branchen abgeschaut: in der gehobenen Hotellerie und Gastronomie. „Dort setzt man sich seit langer Zeit mit diesen Themen auseinander“, weiß Kayser. Gleich ein ganzes Bündel an Maßnahmen hat der Geschäftsführer in seinem Autohaus in den letzten Jahren umgesetzt. Dazu gehört auch, dass er sich Personal aus der Hotelbranche ins Haus holte – wie beispielsweise die Personalchefin.
Gleichzeitig strukturierte er die Organisation des Autohauses um. Eine eigene Abteilung kümmert sich bei Freese seitdem nur um das Customer-Relationship-Management. Ähnlich wie in guten Hotels gibt es in jedem Freese-Autohaus eine eigene Front-Office-Management-Abteilung mit einem Empfangschef, der dafür sorgt, dass allen Kunden von Anfang an die verdiente Aufmerksamkeit zuteil wird.
Um schließlich aber auch zu wissen, ob der Kunde wirklich zufrieden war, was ihm gefallen und was ihm nicht gefallen hat, setzt Tammo Kayser im Autohaus Freese auf ein eigenes Feedback-System. Die üblichen Kundenbefragungen durch Callcenter nach einem Werkstattbesuch hält Kayser für nicht optimal. Sie finden meist einige Wochen nach dem Termin statt. „Das ist viel zu spät. Kunden, die ein negatives Erlebnis hatten, müssen innerhalb von drei bis sechs Stunden nach dem Besuch kontaktiert werden, wenn man sie wieder einfangen möchte“, sagt Kayser. Auch diese Erfahrungswerte stammen aus der Hotelbranche. Kontaktiert man sie später, haben sie ihre Kritik vielleicht längst auf einem Onlineportal geäußert. Dann kann ein Autohaus nur noch reagieren. Auch das tut das Autohaus Freese. Mit sogenannten Crawlern werden Kommentare über das Unternehmen getrackt, um bei Beschwerden schnell antworten zu können.
„Wenn wir den Kunden aber schon vorher dazu bringen, uns Feedback zu geben, können wir für sein Problem direkt eine Lösung finden und negative öffentliche Bewertungen oft vermeiden“, erläutert Kayser. Das Tool, das das Autohaus Freese dafür nutzt, hat Kayser ebenfalls in der Gastronomie gefunden und zusammen mit dem Hersteller für den Autohandel angepasst. Es nennt sich „iFeedback“ und ermöglicht dem Kunden, seine Meinung jederzeit und von verschiedenen Endgeräten aus online zu übermitteln – im Idealfall noch direkt vor Ort. Dazu gibt es bei Freese an verschiedenen Stellen Stationen, an denen die Kunden den Besuch im Autohaus direkt auf Tablets bewerten können. Große Plakate fordern die Kunden zum Feedback auf. Zudem gibt es Kärtchen mit einem QR-Code, der zum iFeedback-Portal führt. Sie werden allen Briefen beigelegt, die das Autohaus verschickt. Auch auf der Freese-Website findet sich der Link zur Bewertungsmöglichkeit.
Feedback geht an alle
Die Kunden können die verschiedenen Abteilungen des Autohauses nach mehreren Kriterien bewerten. Neben dem online gebräuchlichen Fünf-Sterne-System gibt es zudem die Möglichkeit, in einem Freitextfeld konkret Kritik oder Lob zu äußern. Innerhalb weniger Sekunden landet ein abgegebenes Feedback per E-Mail bei allen Mitarbeitern. „Damit weiß jeder sofort, wenn etwas nicht stimmt – oder aber, wenn dem Kunden etwas besonders gut gefallen hat. Das schärft die Sinne der Mitarbeiter für die Bedürfnisse und Vorlieben der Kunden“, erläutert Kayser.
Doch damit nicht genug. Die Feedbacks werden geclustert und analysiert, um herauszufinden, was bei den Kunden ankommt und was nicht. Das ermöglicht auch einen kritischen Blick auf die eigenen Ideen. „Der Kunde weiß es besser als jeder Unternehmensberater“, sagt Kayser. Ein Ticketsystem sorgt zudem dafür, dass Kundenreklamationen nicht unter den Tisch fallen. Für jeden Vorgang wird ein Ticket erstellt und ein Kümmerer bestimmt. Erst wenn eine Lösung für das Problem des Kunden gefunden ist, kann der Vorgang geschlossen werden. Um Kunden, die sich direkt beschweren, unkompliziert helfen zu können, hat zudem jeder Mitarbeiter – auch die Azubis – ein sogenanntes „Sorry-Budget“ von 500 Euro. Es kann ohne Rücksprache eingesetzt werden, um aufgebrachte Kunden zu besänftigen.
Ein wesentlicher Eckpfeiler für die Kundenzufriedenheit ist für Kayser ein regelmäßiges und ausgiebiges Training der Mitarbeiter. Daher hat er beispielsweise die sogenannte „Early Morning Information“ eingeführt. Täglich um 8 Minuten vor 8 Uhr treffen sich die Mitarbeiter in einem rollierenden System – jeder Mitarbeiter nimmt mindestens einmal in der Woche an einem solchen Meeting teil. Neben aktuellen Informationen stehen dabei kurze Schulungen zu verschiedenen Themen auf der Agenda.
Generell lernen alle Mitarbeiter im Autohaus Freese das Auftreten gegenüber dem Kunden von der Pike auf – bis hin zu Schulungen, wie man sich richtig und stilvoll kleidet, ist an alles gedacht. Damit all dieses Wissen nicht untergeht, hat Kayser das Freese-Wiki ins Leben gerufen – eine Art Qualitätshandbuch, auf das die Mitarbeiter online zugreifen können und das regelmäßig ergänzt wird. Eine der jüngsten Maßnahmen bei Freese ist ein Aufmerksamkeitstraining, bei dem die Mitarbeiter eine Karte mit einer roten und einer grünen Seite erhalten. Fällt einem Angestellten bei einem Kollegen etwas negativ auf, kann er ihm die rote Karte zeigen – oder im positiven Fall die grüne. Dabei kann auch schon einmal der Azubi den Chef auf einen Missstand hinweisen. „Daran haben alle großen Spaß“, sagt Kayser.
Azubis als „Hauptdarsteller“
Auf die Azubis legt das Autohaus Freese ein großes Augenmerk. Zu Beginn ihrer Ausbildung durchlaufen alle ein vierzehntägiges Training, bei dem sie ausgiebig auf ihre künftige Arbeit im Autohaus vorbereitet werden. Dabei müssen sie beweisen, dass sie dem Kunden gegenüber „wie Hauptdarsteller“ auftreten können, sagt Kayser. Gleichzeitig legt er Wert darauf, seinen Auszubildenden schnell zusätzliche Qualifikationen zu bieten. So werden sie parallel beispielsweise zum Verkaufsberater oder zum Serviceberater ausgebildet. „Wir bieten frühzeitig Perspektiven. Das macht es für andere schwieriger, uns gute Leute abzuwerben“, sagt Kayser.
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