Interview mit dem scheidenden ZDK-Präsidenten Die Sinne schärfen für Veränderungen

Von Doris Pfaff Lesedauer: 5 min

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Auf der Mitgliederversammlung in Regensburg steht die Neuwahl des ZDK-Präsidenten an. Jürgen Karpinski zieht Bilanz und spricht im Interview über die zukünftige Rolle des Zentralverbands für das Kfz-Gewerbe.

Der scheidende ZDK-Präsident Jürgen Karpinski betont die Bedeutung einer stärkeren ZDK-Präsenz in Berlin für den Verband.
Der scheidende ZDK-Präsident Jürgen Karpinski betont die Bedeutung einer stärkeren ZDK-Präsenz in Berlin für den Verband.
(Bild: ZDK)

Sie werden nach neun Jahren als Präsident des Kfz-Gewerbes in Regensburg nicht mehr zur Wahl antreten und haben angekündigt, auch in Hessen Ihren Rückzug anzutreten. Was sind Ihre Beweggründe?

Jürgen Karpinski: Bei unserer Mitgliederversammlung am 14. Juni in Regensburg werde ich auf insgesamt 18 Jahre ZDK-Vorstandsarbeit zurückblicken. Die Hälfte dieser Zeitspanne war geprägt von drei sehr intensiven und erfolgreichen Amtsperioden als Präsident mit vielen herausfordernden Themen. Beim hessischen Landesverband stehe ich seit fast 20 Jahren als Präsident und Landesinnungsmeister in der Verantwortung. Für mich persönlich ist jetzt die richtige Zeit, um den Staffelstab in jüngere Hände weiterzugeben.

Wie sieht Ihr Fazit nach diesen Jahren in Ihren Ämtern aus: Welche Themen haben Sie besonders gefordert?

Da gab es einige. Der Abgasskandal mit den Herausforderungen für Handel und Werkstatt ist immer noch präsent, wenn man sich die kaum nachvollziehbaren Diskussionen um den so effizienten, sparsamen, sauberen und leistungsfähigen Dieselmotor anschaut. Diese Motorentechnik „made in Germany“ verdient es, erhalten zu werden. Und E-Fuels bieten als saubere Kraftstoffalternative die Chance dazu; deshalb kämpfen wir dafür.

Apropos kämpfen: Sie sind ja auch auf die Straße gegangen …

Ja, das war die Herausforderung der Coronapandemie mit unserem Protest vor dem Kanzleramt. Und nach wie vor kämpfen wir für die Technologieoffenheit und -vielfalt bei den alternativen Antriebsarten und Kraftstoffen – natürlich inklusive der Elektromobilität, für die die Rahmenbedingungen jedoch nach wie vor nicht stimmen. Für unsere Betriebe haben wir als Verband beim damaligen Bundesverkehrsminister Dobrindt die verpflichtende Endrohrmessung im Rahmen der AU durchgesetzt – als notwendige Folge der Abgasmanipulationen der Hersteller.

Zur Person: Jürgen Karpinski (73)
  • Seit 2014: Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK)
  • Seit 2005: ZDK-Vorstandsmitglied
  • Seit 2004: Präsident und Landesinnungsmeister des Landesverbands Hessen des Kraftfahrzeuggewerbes

Wie steht es um die Weichenstellungen in der Verbandsarbeit?

Ein wichtiger Erfolg war die Aufnahme des ZKF in den ZDK. Das stärkt unser Kfz-Gewerbe ungemein, genauso wie die Großprojekte AÜK und Serma als Meilensteine für die nachhaltige Zukunft aller Kfz-Betriebe – markengebunden und frei. Ein großer Erfolg ist die digitale Kfz-Zulassung im Autohaus, die ab 1. September starten soll. Nicht zuletzt haben wir im Vorstand das ZDK-Leitbild 2030 entwickelt und arbeiten weiter daran, es mit Leben zu füllen und somit als Verband gut für die Zukunft aufgestellt zu sein. Auch die verstärkte ZDK-Präsenz in Berlin mit dem Ziel, eine eigene Immobilie zu erwerben, haben Vorstand und Vollversammlung einstimmig beschlossen, und sie bleibt verpflichtend auf der Agenda. Dies alles waren und sind herausfordernde Themen mit hoher Bedeutung für eine gelungene Zukunft im Kfz-Gewerbe.

Was sind aus Ihrer Sicht Ihre größten Verdienste?

Darüber müssen andere urteilen. Wir hatten und haben im ZDK-Vorstand immer das gemeinsame Ziel vor Augen, unsere Arbeit stets am Nutzen für die Kfz-Betriebe vor Ort auszurichten. Und in den vergangenen neun Jahren konnten wir viele bemerkenswerte Erfolge verzeichnen – das zählt.

Was zählt zur größten Herausforderung für die Kfz-Branche?

Die viel beschworene Transformation hin zu neuen Antriebsarten und Mobilitätsformen, das Ausmaß der Digitalisierung, die Veränderungen der Geschäftsmodelle im Handel, aber auch das Thema Nutzung der Fahrzeugdaten treibt uns um. In Verbindung mit dem enormen Fachkräftemangel sind dies aktuell die zentralen und großen Herausforderungen unseres Gewerbes.

Wenn Sie heute Jungunternehmer wären, wofür würden Sie sich entscheiden: für einen freien oder einen markengebundenen Betrieb?

Die weit überwiegende Zahl der Jungunternehmer/innen hat meist keine Wahl, sondern ist im elterlichen Betrieb oder in einem Kfz-Unternehmen tätig, das fabrikatsgebunden ist oder nicht. Ich bin damals im VW-Markenbetrieb meiner Schwiegereltern groß geworden. Die Zahl der fabrikatsgebundenen Autohäuser geht langsam, aber stetig zurück. Wir erleben einen Konzentrationsprozess. Der Trend zu großen Handelsgruppen setzt sich fort. Wer heute das Angebot bekommt, in ein fabrikatsgebundenes Händlernetz einzusteigen, sollte sich die vertraglichen Bedingungen sehr genau anschauen. Und er sollte ebenfalls prüfen, ob er als freier Kfz-Unternehmer besser aufgestellt wäre – dann allerdings auch klar fokussiert auf die alternativen Antriebsarten, ohne den Verbrenner-Bestand zu vernachlässigen.

Zur Zukunft des Kfz-Gewerbes gibt es viele Prognosen. Unter anderem wird vorausgesagt, dass die Zahl der Betriebe stetig sinken wird ...

In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Studien gegeben, in denen massive Veränderungen im Kfz-Gewerbe angekündigt wurden. Allerdings kann ich mich an keine erinnern, deren Voraussagen voll eingetroffen sind. Auf jeden Fall schärfen solche Studien durchaus die Sinne, um sich frühzeitig auf mögliche Veränderungen vorzubereiten. Dass es immer weniger Betriebe gibt, dem kann ich nicht zustimmen. Die derzeitige Konzentration zu größeren Handelsgruppen bedeutet eher, dass weniger Inhaber in etwa die gleiche Anzahl von Kfz-Betrieben führen. Der Grund für den Erhalt der meisten Unternehmensstandorte liegt darin, dass die Kunden nicht bereit sind, große Entfernungen in Sachen Auto in Kauf zu nehmen.

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Was bedeutet die Transformation der Branche für den ZDK? Ist die Verbandsstruktur noch zeitgemäß?

Die Verbände spielen in unserer Gesellschaft im politischen Meinungsbildungsprozess eine wichtige Rolle. Der föderale Aufbau unserer Verbandsstruktur spiegelt ein Stück weit unsere Staatsform wider. Insofern ist der Verband durchaus auf der Höhe der Zeit. Schließlich würden wir unsere föderale Bundesrepublik auch nicht ohne Not verändern wollen. Dass die Meinungsbildung in einem Verband anders organisiert werden muss als in einem Unternehmen, sprich mit mehr Aufwand betrieben wird, ist nicht neu. Und dass es durchaus sinnvoll sein kann, wenn auf Innungsebene kleinere Einheiten kooperieren, sei gern zugestanden. Übergreifend sehe ich aber auch in Zeiten tiefgreifender Veränderungen eine gefestigte Struktur als wichtigen Faktor für Sicherheit und Orientierung und als solides Fundament.

Was nun, Herr Karpinski? Geben Sie alle Ehrenämter auf und setzen sich auf Mallorca zur Ruhe?

Nach über 50 Jahren erfolgreicher beruflicher Tätigkeit und mehr als 40 Jahren ehrenamtlicher Arbeit liegen nun eine ganze Reihe privater Aufgaben und Herausforderungen vor mir. Zusätzlich warten seit langer Zeit mehrere Hobbys auf die Wiederaufnahme – auch wenn das mit den Extrem-Marathons wahrscheinlich nicht ganz so einfach werden könnte. Also, komplette Ruhe ist noch lange nicht in Sicht. Ich freue mich daher auf die kommende Zeit, zum Teil sicherlich auch auf Mallorca.

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