Interimschef will Seat-Entwicklung beschleunigen
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Seit einigen Wochen ist Carsten Isensee Chef des Autobauers Seat. Aus seiner Zeit in China hat er eine zentrale Erkenntnis mitgebracht: Erfolg definiert sich über Geschwindigkeit. Folglich muss auch Seat nochmals beschleunigen. Modellseitig im Mittelpunkt stehen der Leon und der Tarraco.

Seat ist im Volkswagenkonzern der absolute Aufsteiger der letzten Jahre. Munkelten Branchenbeobachter anfangs des letzten Jahrzehnts, die Wolfsburger könnten die defizitäre Tochter abwickeln, ist das Fabrikat nun wieder in der Gewinnzone – und steht für die junge urbane Mobilität. Eng verbunden mit dem Turnaround von Seat ist der Name Luca de Meo, doch der soll das gleiche Kunststück nun bei Renault schaffen. Derzeit lenkt Finanzvorstand Carsten Isensee die Spanier. Der Manager kennt den Volkswagenkonzern aus vielen Blickwinkeln. Er arbeitete zuletzt in China, wohin auch Seat perspektivisch seine Fühler ausstreckt, und ist erst seit neun Monaten in Diensten der Spanier. Wie er mit unverstelltem Blick den Autobauer beurteilt, erläutert Isensee im Interview.
Redaktion: In den zurückliegenden Jahren konnte Seat stets neue Rekordzahlen vermelden. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Marke in den vergangenen drei Jahren?
Carsten Isensee: Mit einem Wort: Fantastisch! Viele Kollegen sind vor mir hier durch das Tal der Tränen gegangen. Der große Schub kam dann mit Jürgen Stackmann, der erkannt hat, dass auch Seat SUVs benötigt, um das Image der Marke zu verbessern. Und der Erfolg der letzten drei Jahre bestätigt diese Strategie, die unbedingt fortgesetzt werden muss.
Der Leon ist für Seat etwas ähnliches wie der Golf für Volkswagen. Welches Marktpotenzial sehen Sie für das neue Modell?
Nachdem ich das Auto jetzt ein paar Mal gefahren bin, sehe ich noch sehr viel Potenzial. Gerade wenn man es gewohnt ist, große Autos zu fahren, überrascht der neue Leon mit seinem Handling und Raumangebot. Wir sehen sowohl in Deutschland als auch in Spanien, dass der Leon-Kunde nicht der klassische Käufer eines Golf ist.
Der Tarraco wird wie der VW Golf in Wolfsburg produziert. Wie wichtig wird dieses Fahrzeug für Seat sein, speziell vor dem Hintergrund der Hybridisierung der Modellpalette?
Wir kommen ja 2020 noch mit dem Tarraco Plug-in-Hybrid auf dem Markt. Es ist in dieser Zeit extrem wichtig, dass ein solches Fahrzeug mindestens eine Hybrid-Version hat. Das sieht man gerade in Ländern wie Frankreich, wo eine neue Steuer den Betrieb reiner Verbrenner-SUV deutlich verteuern wird. Der Tarraco ist für uns auch ein Sprung in die Lebenswelt von Menschen, die etwas älter sind und auch etwas mehr Geld einsetzen können als der bisherige, durchschnittliche Seat-Kunde. Daher sind wir für den Anfang recht zufrieden, wie der Tarraco sich bisher entwickelt hat.
Die Transformation der Automobilwelt schreitet auch 2020 voran: Wie stehen Sie zum Thema E-Mobilität?
Die Grundlage der E-Mobilität ist etwas, das wir nicht mehr lernen mussten. Wir mussten nur lernen, schneller zu werden. Nun steht der ganze Konzern hinter der E-Mobilität, weil wir sie benötigen, um CO2-neutral werden zu können. Ich stehe dazu und wer schon einmal ein E-Auto gefahren hat, der weiß, wieviel Fahrvergnügen man damit haben kann.
Und Erdgas? Compressed Natural Gas spielt zumindest in Deutschland eine Nischenrolle.
Wir sind ja beim Seat Ibiza, Arona sowie auch beim neuen Leon bereits gut mit CNG unterwegs. Das kann man von der Versorgungsinfrastruktur in Deutschland noch nicht sagen. Wir müssen also sehen, ob es hier oder in anderen wichtigen Märkten noch einmal zu einer deutlichen Verbesserung kommt. Aber wir stehen dazu, auch in Zukunft CNG-Antriebe im Angebot zu haben. Aber wenn es noch ein paar mehr CNG-Tankstellen in Deutschland gäbe, wäre das sicherlich nicht schlecht.
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