GTÜ-Reifentest Michelin baut den besten Ganzjahresreifen
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Irgendwie können sie alles, aber nichts richtig – das sagt man Ganzjahresreifen gerne nach. Im Reifentest ging die Prüforganisation GTÜ diesem Vorurteil auf den Grund – und förderte große Unterschiede zutage.

Ganzjahresreifen haben sich auf dem Ersatzmarkt bereits einen Marktanteil von 27 Prozent erobert (Quelle: BRV, 2021). Und so ist es kein Wunder, dass diese Reifengattung auch zunehmend in Reifentests geprüft wird – nicht mehr als exotische Alternative zu Saisonreifen, sondern als eigenständige Gattung. Denn was nutzt es, dem Kunden zum 100. Mal zu erklären, dass reine Winter- oder Sommerreifen in der jeweiligen Jahreszeit die bessere Wahl sind, wenn sich dieser innerlich schon längst vom saisonalen Räderwechsel verabschiedet hat?
Umso wichtiger ist es, dem Kunden die durchaus großen qualitativen Unterschiede zwischen den einzelnen Reifenmarken aufzuzeigen und ihn so bei seiner Kaufentscheidung zu unterstützen. Denn angesichts der extremen Bandbreite an Fahrsituationen, die Ganzjahresreifen sommers wie winters abdecken müssen, ist ihre Entwicklung sicher die größte Herausforderung für die Ingenieurinnen und Ingenieure in der Reifenindustrie.
Die Prüforganisation GTÜ hat deshalb bei ihrem neuesten Reifentest, den sie wie immer zusammen mit den Automobilklubs ACE und ARBÖ durchführte, ausschließlich Allwetterreifen ausprobiert. Das Ergebnis: Den perfekten Allrounder gibt es noch nicht. Aber die Tester fanden durchaus gute Exemplare, die für durchschnittliche mitteleuropäische Wetter- und Witterungsverhältnisse geeignet sind.
Nur einer ist „sehr empfehlenswert“
Testsieger wurde der Michelin Crossclimate 2, weil er keinerlei gravierende Schwächen zeigte und sowohl bei Schnee als auch bei Nässe und auf trockener Strecke souverän, ausgewogen und gut fahrbar war. Er bekam als einziger die Note „sehr empfehlenswert“.
Auf Platz zwei und drei landeten der Continental Allseason-Contact und Nokians neuer Ganzjahresreifen Seasonproof. Den Reigen der „empfehlenswerten“ Reifen rundeten der Goodyear Vector 4 Seasons Gen 3 und der Vredestein Quatrac Pro ab.
Der Bridgestone Weather Control A005 Evo zeigte zwar die besten Nässeeigenschaften des gesamten Felds, versagte aber auf Schnee. Daher bekam er nur ein „bedingt empfehlenswert“ und ist laut GTÜ „für den richtigen Wintereinsatz nicht zu empfehlen“. Für Kunden in Gegenden, in denen nicht mit Schnee zu rechnen ist, kann er aber eine gute Wahl sein. Auch die Reifen von Cooper und Berlin erreichten nur ein „bedingt empfehlenswert“. Der Testverlierer ist der Toyo Celsius. Er zeigte vor allem beim Nass-Handling zu viele Gefahrenquellen und bekam als einziger Reifen im Test ein „nicht empfehlenswert“.
Lesen Sie in den folgenden Abschnitten die Bewertungen der GTÜ-Tester zu den einzelnen Testkapiteln.
Auf Schnee: Alle nah beieinander – bis auf einen
Die Schneetests in Finnland zeigen, wie viel Winterreifen tatsächlich in Allwetterreifen steckt – oder auch nicht. Die Reifen von Michelin, Nokian und Continental stechen hier besonders hervor. Sie liefern in jeder Winterdisziplin ordentliche Ergebnisse: Der Michelin bietet mit 16,5 Metern aus 38 km/h den kürzesten Bremsweg, dicht gefolgt vom Nokian (16,6 Meter) und vom Continental (17,0 Meter). Sie alle fahren sich zudem griffig im Schnee, haben also eine gute Seitenführung. Souverän ist auch ihr Lenkverhalten und die Kontrollierbarkeit. Das reduziert bei Kurvenfahrten deutlich die Gefahr eines ausbrechenden Hecks (Übersteuern) oder dass die Vorderräder die Bodenhaftung verlieren (Untersteuern) und das Auto an den Kurvenrand drängt.
Der Nokian neigt in Summe etwas mehr zum Übersteuern. Bis auf einen Pneu befinden sich alle anderen fahrtechnisch im Mittelfeld, wobei beim subjektiven Handling der Toyo, gefolgt vom Berlin, am meisten Abstriche bei der Seitenführung zu verzeichnen hat und schneller ins Übersteuern gerät. Schlusslicht ist der Bridgestone. Er hat den mit Abstand längsten Bremsweg (19,0 Meter) und zeigt im subjektiven Handling gravierende Mankos: insgesamt unpräzise, schwache Seitenführung, und der Testfahrer muss beim Beschleunigen gegen das ausgeprägte Untersteuern ankämpfen.
Bei Nässe: Hier ist der Bridgestone der King
Beim Nassbremsen aus 80 km/h zeigt der Bridgestone mit 27,9 Metern die beste Leistung und ist damit nah an der Sommerreifenreferenz (27,4 Meter). Es folgen Vredestein (28,2 Meter) und Continental (29,5 Meter).
Überhaupt ist das hier das Metier des Bridgestone, der im Gegensatz zum Wintertest die beste Performance abliefert. Ganz im Gegensatz zum Toyo, der beim Aquaplaning und beim Handling zusammen mit dem Berlin schwächelt: Sie legen ein unpräziseres Lenkverhalten als der Rest des Testfelds an den Tag, fahren sich viel unsicherer und neigen beim Beschleunigen zum Untersteuern. Der Toyo neigt zum deutlichen Übersteuern bei Lastwechseln, wenn in Kurven Gas weggenommen wird. Das macht ihn zum Verlierer dieser Kategorie.
Auf trockener Piste: Großer Unterschied beim Bremsweg
Bei den Trockentests liegen die Testreifen im Großen und Ganzen dichter beieinander. Beim Bremsen aus 80 km/h zeigte der Michelin den kürzesten Bremsweg (24,4 Meter) und der Toyo den längsten (29,2 Meter). Die meisten Reifen bieten eine gute Kurvenfestigkeit, präzises Lenkverhalten und sind gut kontrollierbar zu fahren.
Der Bridgestone liegt in der Spitzengruppe, zeigt aber beim Handling, dass er bei Lastwechseln etwas mehr zum Übersteuern neigt. Die Reifen von Continental und Toyo liegen beim Handling im Mittelfeld. Letzterer neigt aber wieder zum Übersteuern bei Lastwechseln. Während die Reifen von Cooper und Berlin beim Bremsen keine Besonderheiten zeigen, ist ihr Handling auffällig: Sie haben am wenigsten Grip, geraten dadurch mehr ins Rutschen und schneller in ein Unter- oder Übersteuern. Letzteres wird auch besonders bei Lastwechseln deutlich. Sie sind die Schlusslichter der Kategorie.
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