Oldtimerrallye Olympia-Rallye: auf den Spuren von ’72

Von Steffen Dominsky |

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50 Jahre später erfuhr die Olympia-Rallye von 1972 nun ein grandioses Revival. Nach sechs Tagen und 2.252 Kilometern erreichten Teilnehmer auf den Spuren von Walter Röhrl, Achim Warmbold, Hannu Mikkola und anderen das Ziel in München.

Auf den Spuren von '72: Vom 8. bis 13. August ging das Revival der berühmten Olympia-Rallye an den Start.
Auf den Spuren von '72: Vom 8. bis 13. August ging das Revival der berühmten Olympia-Rallye an den Start.
(Bild: OLYMPIA-RALLYE’72 MOTORWORLD REVIVAL 2022)

Kurz vor dem Auftakt der Olympischen Sommerspiele 1972 ging in Deutschland die bislang größte Rallye-Veranstaltung über die Bühne. Die Olympia-Rallye startete bei den Segelrevieren in Kiel und führte die Teams bis zum Olympiastadion nach München. 417 Teams wollten die 3.371 Kilometer von Nord nach Süd unter die Räder nehmen, 307 durften letztlich starten. Die Entscheidung fiel durch die gefahrenen Zeiten auf den 62 Wertungsprüfungen mit einer Gesamtlänge von 632 Kilometern. Vom Start am Montag bis zum Ziel am frühen Freitag lief die Marathon-Veranstaltung nonstop durch, lediglich in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch gab es die einzige Übernachtungspause.

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Bereits 1970 starteten die Vorbereitungen für diese Rallye und die ersten Besprechungen mit dem Organisationskomitee für die XX. Olympischen Sommerspiele, den zuständigen Bundes- und Landesministerien, vielen örtlichen Dienststellen und Behörden sowie der Industrie fanden statt. Die Oberste Nationale Sportkommission für den Automobilsport in Deutschland (ONS) trat erstmals als Veranstalter eines zugleich auch einmaligen Wettbewerbs, der Olympia-Rallye 1972, vor die Öffentlichkeit. Mit der Durchführung dieser Veranstaltung, die wegen ihrer besonderen sportlichen Bedeutung für die Europa-Rallyemeisterschaft der Fahrer sowie die Meisterschaften von Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Italien, der Niederlande und der Türkei gewertet wurde, beauftragte die ONS die beiden großen deutschen Automobilclubs ADAC und AvD.

Die Strecke von 1972

Von etwa 3.000 Kilometern Gesamtlänge gingen die Macher der Olympia-Rallye bei ihren ersten Überlegungen zu dieser einmaligen Veranstaltung aus. Dabei sollte die Rallye die olympischen Wettkampforte Kiel und München miteinander verbinden. Nun beträgt die Entfernung zwischen diesen beiden Städten in der Luftlinie nur ungefähr 700 km. Also griffen die Organisatoren auf erprobte Wertungsprüfungen bekannter Rallyes zurück und verbanden diese miteinander. Die Oylmpia-Rallye bewegte sich zunächst bis Kirchheim immer entlang der damaligen innerdeutschen Grenze. Bei Kirchheim ging es dann westlich in Richtung Nürburgring und zur ersten und einzigen Übernachtungspause in Rüsselsheim. Dort waren nach 33 Stunden die ersten 1.400 Kilometer geschafft und 23 von 67 geplanten Wertungsprüfungen bewältigt.

Weiter ging es am nächsten Morgen wieder nach Osten. Bis Marktredwitz – dem Heimatort von Hans Schwägerl, dem Organisationschef und „Vater der Olympia-Rallye“ – reihte sich dann Wertungsprüfung an Wertungsprüfung. Von dort aus ging es weiter entlang der Zonengrenze und der Grenze zu Österreich. Am Roßfeld in Berchtesgaden war der südlichste Punkt der Rallye erreicht, und bei der Zielankunft im Olympiapark von München waren 3.371 Kilometer in knapp 100 Stunden mit einer Übernachtungspause zurückgelegt.

Ein gewisser Walter Röhrl machte auf sich aufmerksam

Die Geschichte der Olympia-Rallye ’72 ist natürlich auch – und vielleicht in erster Linie – die Geschichte der Wertungsprüfungen. 67 davon sollten ursprünglich gefahren werden, 62 mit einer Gesamtlänge von 607,4 km wurden es schließlich. Zunächst ging es gemächlich zu: Nach dem Start in Kiel wurde bis zur ersten Zwangspause in Wolfsburg nur eine WP in Mölln gefahren. Und bereits hier setzte ein gewisser Walter Röhrl das erste Ausrufezeichen. Mit 2.28.5 Minuten verwies er die Favoriten Darniche und Mikkola auf die Plätze. Das erschien den Offiziellen so unwahrscheinlich, dass die Zeit zunächst nur inoffiziell gemeldet wurde und man von einem Fehler der Zeitnehmer ausging. Röhrl ließ dann im Verlauf der Rallye noch zehn weitere Bestzeiten folgen. Insgesamt trugen sich zwölf Fahrer in die Siegerlisten der WPs ein.

Das Siegerpodium der 145 in Wertung verbliebenen Teams war international: Die Franzosen Jean-Pierre Nicolas/Jean Todt gewannen im Alpine Renault A110 vor den Schweden Anders Kulläng/Donald Karlsson, die ebenfalls wie die drittplatzierten Franzosen Jean Ragnotti/Jean-Pierre Rouget einen Opel Ascona 19 SR pilotierten. Die Olympia-Rallye 72 war zudem die Geburtsstunde der internationalen Rallye-Karriere des zweifachen Weltmeisters Walter Röhrl. Als Nobody im privaten Ford Capri kämpfte der Regensburger um die Führung, bevor er kurz vor dem Ziel aufgeben musste. „Die Olympia-Rallye war die tollste und schönste Rallye, die Deutschland jemals sah und wohl jemals sehen wird“, zieht Röhrl noch heute ein begeistertes Fazit.

„Vom Matjes zur Weißwurst“

Nach zwei Jahren ehrenamtlicher Vorbereitung und vielen Detailplanungen kam es vergangene Woche zu einer Neuauflage der berühmte Olympia-Rallye, genauer gesagt zur Olympia-Rallye '72 Revival 2022. Vom Start am 8. August in Kiel bis zur Zielankunft am 13. August 2022 in München bewegte sich der Tross der maximal möglichen 197 Fahrzeuge in sechs Tagesetappen über 2.252 Kilometer. Das Teilnehmerfeld kam aus acht Nationen und setzte sich aus 44 verschiedenen Fahrzeugmarken und 175 verschiedenen Fahrzeugtypen zusammen: die vermutlich größte, jemals da gewesene Artenvielfalt bei einer Oldtimerrallye.

Den Anfang machten die 53 Fahrzeuge der Rallye-Autos aus dem Zeitraum von 1950 bis 1972, dann folgte die Gruppe der Ära nach der Olympia-Rallye von 1973 bis 1990. Dazwischen startete die Truppe „Walter Röhrl & Friends“, in der einige prominente Piloten mit immer wechselnden Fahrzeugen unterwegs waren. Allein Walter Röhrl pilotierte im Laufe des Revivals zehn verschiedene Fahrzeuge. Nach den Rallye-Autos folgte der E-Fuel-Praxistest des ADAC mit einem VW T1 Straßenwacht-Transporter aus dem Jahr 1964. Danach kamen die wunderschönen Oldtimer der Wertungsklassen 3 und 4 (Oldtimer 1950 bis 1990) bis zur Startnummer 298.

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Der Sieg in der sportlichen Wertung des Revivals ging an Jörg Pöhlemann/Marc Stoll in ihrem Porsche 924. Platz zwei belegten Dr. Roland Wittmann/Stephan Auer im Mercedes Benz 190E 2,5-16Evo. Das Siegertreppchen komplettierten Martin Bonn/Rolf Pellini in ihrem Fiat 128 Spezial. Jede Tagesetappe bestand aus zwei Sektionen, je eine am Vor- bzw. Nachmittag. So unterschiedlich die Streckenführung auch war, einige Eckpunkte waren immer gleich: Jeden Tag wurden mehrere Originalprüfungen aus 1972 befahren.

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