Seat: Tolle Kiste auf Spanisch

Von Steffen Dominsky

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Viele Jahre pflegte der iberische Autobauer eine Liaison mit Fiat. Daraus entstand vor 40 Jahren ein Schwestermodell des Panda, das sich später zum Seat Marbella emanzipierte. Auf dem Auto lernten Legenden wie Carlos Sainz das (renn-)fahren.

Panda auf Spanisch: Auch Seat baute die „tolle Kiste“. Als „Marbella“ machte er hierzulande Karriere.
Panda auf Spanisch: Auch Seat baute die „tolle Kiste“. Als „Marbella“ machte er hierzulande Karriere.
(Seat)

Den „kleinen Freund mit großer Wirkung“ nennt ihn Seat: Er war ein bisschen wie VWs Käfer: ein Auto für jedermann. Er war vielseitig verwendbar, er zeigte eine gewisse Gängigkeit durch unwegsames Gelände, man konnte ihn sogar im Motorsport einsetzen, und er gab sich sogar höchst heilig. Er war den Spaniern, was den Italienern ihre „tolle Kiste“ war: ein Kleinwagen mit Kultfaktor und dem Namen eines knuffigen Pandabären. Zwar bauten die Spanier den Seat Panda lediglich von 1980 bis 1986, doch als emanzipierte Version namens „Marbella“ gab es das Modell bis sage und schreibe 1998.

Die entwicklungstechnische Wiege des praktischen Dreitürers stand in Turin. Doch mit zahlreichen Sondermodellen hauchte Seat dem Panda eine eigene, spanische Seele ein. Nicht alle waren so spektakulär – und vor allem so exklusiv – wie das für Papst Johannes Paul II. im November 1982 gebaute Exemplar. Und zu dem kam es so: Der Heilige Vater musste für zwei Messen in den Stadien von Real Madrid und des FC Barcelona auf sein gewohntes „Papamobil“ verzichten – das opulente Mercedes-G-Modell mit seiner hoher Glaskuppel passte angeblich nicht durch die Eingänge zu den Spielfeldern von Bernabeu und Camp Nou. Der seines Daches entledigte Seat Panda war dagegen niedrig genug und so konnte der Papst wie gewohnt würdevoll stehend ins Stadion rollen.

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Doch prinzipiell war der nach dem schwarz-weißen Bären benannte Wagen alles andere als ein Fahrzeug für die Elite. Mit auf das Wesentliche reduzierter Technik meisterte der „amigo para todo“ (jedermanns Freund) den Alltag des sogenannten kleinen Mannes. Wahlweise 25 kW (34 PS) oder 33 kW (45 PS) Leistung sowie eine für Gegenden mit schlechter Benzinqualität auf 29 kW (40 PS) reduzierte Variante reichten aus, um bis zu fünf Personen und bei Bedarf auch einiges an Ladung an ihr Ziel zu bringen. Für holprige Pfade gab es den „Panda Montaña“ mit höhergelegtem Fahrwerk, Unterfahrschutz und Gittern vor den Scheinwerfern. Hinter der Modellbezeichnung „Bavaria“ steckte zudem eine Version mit ausgedünnter Ausstattung – wie die Spanier ausgerechnet auf diesen Namensbezeichnung kamen, bleibt nicht nur einem Bayern ein Rätsel.

Beim „Panda Practicable“ hingegen sorgte ein großflächiges Stoffverdeck für Open-Air-Atmosphäre. Explizit für den Lastentransport entworfen waren der Pick-up „Panda Terra“ mit einem Verdeckaufbau aus Segeltuch und der „Panda Comercial“, bei dem die hinteren Fenster durch Bleche ersetzt waren und die Rücksitzbank entfiel. Ab 1985 gab es dann den „Trans“, einen Panda mit vergrößertem Kastenaufbau wahlweise in verglaster oder mit Blech verkleideter Variante. Mit rund 2,5 Kubikmetern Fassungsvermögen wurde der Kleintransporter zum Liebling aller Handwerker. Die vergleichsweise gut ausgestattete Version trug in Anlehnung an einen noblen Urlaubsort am Mittelmeer den Beinamen „Marbella“. Serienmäßig brachte dieses Modell unter anderem Nebelscheinwerfer, Drehzahlmesser, komfortablere Sitze sowie breitere Felgen (4,5 Zoll) mit.

Die Bezeichnung Marbella griff Seat erneut 1986 auf, als die Trennung von Fiat und die Partnerschaft mit dem Volkswagen Konzern langsam Formen annahm. Ein Facelift des Fiat Panda bot die passende Gelegenheit, einen eigenen Weg zu gehen. Auch wenn die technische Verwandtschaft zum italienischen Pendant noch nicht ganz gekappt wurde, zeigte der spanische Panda-Nachfolger doch bereits optisch eine gewisse Eigenständigkeit.

Auf Rallyekurs: „Copa Panda“ – mit einem späteren Weltstar

Bis es so weit war, spielte der Panda Marbella seine Rolle als Topmodell der Baureihe. Besser motorisiert waren allerdings die von Meistertuner Abarth auf rund 44 kW (60 PS) leistungsgesteigerte Version und die Rallyeversion, die von der Seat-Motorsportabteilung entwickelt wurde. Mit größeren Vergasern, offenem Luftfilter und Rennauspuff schickte der 900-Kubikzentimeter-Vierzylinder statt der serienmäßigen 33 sogar mehr als 48 KW (65 PS) in Richtung des mit einem Sperrdifferenzial versehenen Getriebes. Derart modifiziert war der Kleine unter den Nachwuchsrennfahrern Spaniens ein heiß begehrtes Fahrzeug.

Das Unternehmen veranstaltete mit der „Copa Panda“ sogar einen eigenen Markenpokal. 1981 und 1982 schnappte sich in der umkämpften „Copa Panda“ ein junger Madrilene den Titel, der später unter dem Kampfnamen „El Matador“ berühmt werden sollte: der zweimalige Rallyeweltmeister und dreimalige Sieger der Rallye Dakar, Carlos Sainz.

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