Probefahrt-Vorfälle Wie Händler Unterschlagungen vorbeugen können

Von Doris Pfaff Lesedauer: 5 min

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Gleich zweimal gab er sich als Kaufinteressent aus – von der Probefahrt kam der Betrüger nicht zurück: In Simmern und in Weilerswist verschwanden in den vergangenen Tagen zwei teure Händlerfahrzeuge. Der ZDK rät dazu, die Ausweise der Kunden gründlich zu überprüfen.

Probefahrten sind für Autohäuser ein Risiko: Wirksamster Schutz vor der Schlüsselübergabe ist die sorgfältige Prüfung der vorlegten Papiere durch die Mitarbeiter. Inzwischen gibt es auch Dienstleister, die für Autohäuser den Identitätscheck vornehmen.
Probefahrten sind für Autohäuser ein Risiko: Wirksamster Schutz vor der Schlüsselübergabe ist die sorgfältige Prüfung der vorlegten Papiere durch die Mitarbeiter. Inzwischen gibt es auch Dienstleister, die für Autohäuser den Identitätscheck vornehmen.
(Bild: frei lizenziert / Pixabay)

Gefälschte Papiere vorlegen, sich ein teures Auto zur Probefahrt ausleihen, dann aus dem Staub machen und das Auto verkaufen – sehr häufig auf Bestellung und ab ins Ausland: Auf diese Art und Weise und mit dieser Motivation beschaffte sich laut Polizei ein Täter jüngst gleich zwei Fahrzeuge an einem Tag. Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) rät Händlern angesichts der Ereignisse zur Vorsicht. Laut Polizei handelte es sich bei den Vorfallen um ein und denselben Täter.

Das war passiert: Ein Autohaus in Weilerswist/Euskirchen (Nordrhein-Westfalen) und ein Autohaus in Simmern im Hunsrück (Rheinland-Pfalz) meldeten am vergangenen Freitag, 18. März, jeweils den Verlust teurer Fahrzeuge. Wie die Polizei anhand der vom vermeintlichen Kaufinteressenten vorgelegten – und wie sich später herausstellte gefälschten – Papiere und durch Videoaufnahmen herausfand, handelte es sich in beiden Fällen um denselben Täter.

Täter gab sich als Tscheche aus

Laut Polizei hatte ein Mann mit einem Autohaus in Simmern im Hunsrück für den 18. März 2023 eine Probefahrt mit einem neuen VW Touareg vereinbart. Dazu hatte er gefälschte Papiere, darunter auch eine gefälschte deutsche Aufenthaltsgenehmigung, vorgelegt. Das Autohaus erkannte die Fälschungen aber nicht als solche. Der Mann fuhr mit dem Luxusfahrzeug im Wert von 100.000 Euro davon und kam nicht wieder.

Bei den Ermittlungen stieß die Polizei auf den Fall in Weilerswist, wo derselbe Mann am selben Tag bereits ein gebrauchtes Cabrio (BMW 420i) im Wert von rund 30.000 Euro zur Probe fuhr und nicht wiederkam. Die vorgelegten und vom Autohaus kopierten Papiere zeigten ein und denselben Mann. Auch die Videoaufnahmen zeigten dieselbe Person. In Weilerswist wie in Simmern hatte der Täter sich als Adam Hanak, tschechischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Heinsberg ausgewiesen.

VW Tiguan verschwand nur kurz vorher

Wegen der Fälle wandten sich mehrere Automobilhändler an den ZDK, auch weil sie über ihre Social-Media-Kanäle Warnungen anderer Autohändler erhalten hatten. Der Austausch der Händler untereinander über die gefälschte Identität der Täter und die weitergeleiteten Videos aus den Überwachungskameras der betroffenen Händler brachten einen weiteren Fall ans Licht.

Ein Autohaus aus Blankenheim im Kreis Euskirchen meldete sich, bei dem derselbe Täter mit denselben Papieren am 8. März einen Tiguan unterschlagen haben soll. Einem Autohaus der Unternehmensgruppe war erst im vergangenen Sommer auf diese Art ein Wagen abhandengekommen. Damals hatte eine Unbekannte einen schwarzen Audi SQ7 zur Probefahrt erhalten und nicht zurückgebracht.

Einmal Probefahrt und tschüss Auto – das Risiko für den Autohandel ist groß. Unterschlagungen nach Probefahrten passieren regelmäßig. So war Mitte Januar dieses Jahres der Polizei in Dinslaken ein Fall gemeldet worden, bei dem ein Mann, angeblich von seinem minderjährigen Sohn begleitet, einen BMW X4 zur Probefahrt abholte und nicht wiederkehrte. Auch hier stellte sich hinterher heraus, dass der dänische Führerschein und Reisepass gefälscht waren.

BKA meldet Anstieg von unterschlagenen Fahrzeugen

Die Kfz-Kriminalitätsstatistik des BKA zeigte für 2021 einen Anstieg der Fälle, in denen Fahrzeuge unterschlagen werden, von knapp fünf Prozent. Insgesamt zählt das BKA bundesweit 2.179 gemeldete Fälle.

Für die Autohäuser ist in einem solchen Fall nicht nur der Ärger groß, sondern auch der Schaden, den nicht jede Versicherung abdeckt. Rechtlich gilt ein von einer Probefahrt nicht zurückgebrachtes Fahrzeug nicht als Diebstahl, sondern als Unterschlagung. Denn der Händler gibt den Schlüssel freiwillig heraus und überlässt den Wagen dem vermeintlichen Kaufinteressenten.

Nicht zurückgebrachte Autos gelten nicht als gestohlen

Für die Täter, sofern sie gefasst werden, ist das strafrechtlich kein Unterschied. Wohl aber für den Fall, dass die zuvor unterschlagenen Fahrzeuge später von Autokunden gutgläubig erworben werden. In einem solchen Fall, urteilte der BGH, bleibt der Schaden beim Autohaus und nicht bei dem Kunden.

Anders verhält es sich, wenn ein Auto gestohlen wurde und dann wieder verkauft wird. Ein gestohlenes Auto bleibt auch dann gestohlen. Darauf machte die ZDK-Juristin Marion Nikolic aufmerksam.

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Weil Probefahrten für Autohändler und ihre Kunden zum normalen Verkaufsprozess dazugehören und unverzichtbar sind, sind Autohändler gefordert und auch gesetzlich dazu verpflichtet, sich, so gut es geht, zu schützen und es Kriminellen so schwer wie möglich zu machen. Dazu gehört allen voran die gründliche Prüfung der vorgelegten Ausweispapiere und Dokumente.

Probefahrten durch Autohausmitarbeiter zu begleiten, ist dagegen weniger erwünscht und wird oftmals als riskant eingeschätzt. Über die Möglichkeiten, wie sich Autohäuser schützen können, berichtete »kfz-betrieb« ausführlich.

Ausländische Papiere auf Echtheit prüfen

Hilfen, wie man die vorgelegten Ausweise auf Echtheit prüfen kann, insbesondere wenn es sich wie bei den geschilderten Fällen um ausländische Papiere handelt, bieten verschiedene Portale zur Identitätsüberprüfung an. Als ebenso wirksam schätzen Experten die Schulung der Mitarbeiter ein.

Schon das sorgfältige Kontrollieren der vorgelegten Papiere vor den Augen der Kunden könne abschrecken. Wie Ausweise und Papiere aus dem Ausland aussehen, kann in der Edison-Datenbank eingesehen werden. Sie zeigt Muster von Ausweisen, Pässen und Aufenthaltsgenehmigen aller Länder an. Bei Prado sind Muster und besondere Erkennungsmerkmale aller europäischen Ausweise und Führerscheine hinterlegt und erklärt.

Auch die ZDK-Juristin Nikolic sieht hier die Händler in der Pflicht: „Den effektivsten Schutz vor der Unterschlagung eines für eine Probefahrt zur Verfügung gestellten Fahrzeugs stellt die Überprüfung der Echtheit der vorgelegten Ausweispapiere dar. Dafür sollte sich der Autohausmitarbeiter genügend Zeit nehmen. Angesichts der großen Zahl ausländischer Ausweisdokumente und der Vielzahl der dabei verwendeten Sicherheitsmerkmale war diese Aufgabe früher kaum zu bewältigen. Das ist heute aber dank der Digitalisierung anders.“

Nikolic verweist auf die im Netz zur Verfügung stehende Tools, mit denen Anbieter Autohausmitarbeitern eine digitale Identitätsprüfung ermöglichen. Nach dem Einscannen der Ausweisdokumente werden diese in Sekundenschnelle auf Plausibilität und Echtheit überprüft.

Tracking bietet Autohäuser zumindest rechtliche Sicherheit

Als weiteres nützliches Hilfsmittel nennt Nikolic das Tracking von Fahrzeugen: „Zwar kann ein Abhandenkommen des Fahrzeugs damit nicht verhindert werden, es kann aber dazu führen, dass ein Dritter das Fahrzeug nicht gutgläubig erwerben kann. Das setzt allerdings voraus, dass dem Autohaus oder einem bevollmächtigten Unternehmen durch das Tracking eine schnelle Ortung ermöglicht wird. Nicht ausreichend ist es nach einem Urteil des OLG Celle, wenn ein Fahrzeug mit zwei SIM-Karten versehen wird, die lediglich der Polizei – mit Unterstützung des Fahrzeugherstellers – eine Ortung ermöglichen.“

Weitere Informationen zum Thema Probefahrt und die aktuellen Urteile dazu hat der ZDK für seine Mitglieder zu einer ZDK-Broschüre „Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten“ zusammengefasst.

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