Boxster Spyder lebt Purismus statt Moderne
Ein Porsche Spyder steht für Leichtbau, Leistung und Lust am puristischen Roadster-Fahren. Nach dieser Maxime hat der Autobauer nun den Boxster Spyder auf die Räder gestellt.
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Man könnte denken, der Porsche Boxster Spyder sei aus einer gewissen Bierlaune heraus entstanden. Da sitzen Ingenieure abends bei einem Gläschen zusammen und spinnen ein wenig die Modellzukunft. Frei nach dem Motto: Warum packen wir nicht einfach mal unseren Carrera-S-Motor in den Boxster, schmeißen alles unnötige Gewicht über Bord und schaffen so eine puristische Fahrmaschine? „Ganz so war es nicht“, entgegnet Baureihenleiter Stefan Weckbach. Schuld ist einfach der Markt: „Wir hatten immer mehr Kunden, die ein solches Fahrzeug wollten.“
Gesagt, getan. Mit 276 kW/375 PS ist der Spyder das stärkste Stück der Boxster-Baureihe, hängt sogar den 45 PS schwächeren GTS ab. Porsche lässt sich dies mit mindestens 79.945 Euro allerdings üppig vergüten. Zum Händler rollt der Spyder Ende Juli.
Manchmal erstaunt es doch, was der Markt von den Autobauern fordert. Denn der Boxster Spyder eignet sich eher für Roadster-Fahrer der alten Schule. Denn es ist schon eine Fummelei, bevor endlich die Sonne ins Cockpit scheint. Geübte schaffen den Striptease in etwa 50 Sekunden. Fahrer älterer Modelle können ein Lied von Prozeduren dieser Art singen, musste das Verdeck doch meist umständlich geöffnet und verstaut werden. Der Boxster Spyder verzichtet in diesem Punkt auf Fortschritt – selbst im Jahr 2015. Von seinem Normalo-Bruder, der mal eben lässig in neun Sekunden elektrisch seine Mütze nach hinten wirft, ist der Spyder damit meilenweit entfernt. Es ist jedoch, so viel steht nach einer ersten Ausfahrt mit dem Spyder fest, das einzige Manko an diesem offenen Porsche.
Sound mit Suchtpotenzial
Sobald der Zündschlüssel gedreht ist und der 3,8-Liter-Boxer hinter den Sitzen die ersten Töne von sich gibt, ist alles vergessen. 375 PS treffen auf nur 1.315 Kilogramm. Eine äußerst coole Kombination. Der Spyder wiegt 30 Kilo weniger als der GTS. Man braucht keinen Nobelpreis in Physik, um zu verstehen, was dies fahrdynamisch bedeutet: eine Menge Spaß. Es gibt nur wenige Motoren, die so wunderbar linear hochdrehen wie dieser Sechszylinder-Boxer-Sauger (ja, kein Turbo), wenn nötig bis an die 8.000-U/min-Marke. Dazu kommt ein Gänsehaut-Sound, der Suchtpotenzial besitzt.
Am besten entfalten sich Klang und Kraft dieses Roadsters auf leeren, kurvenreichen Landstraßen. Hier lässt sich der Spyder – er liegt zwei Zentimeter tiefer als der GTS – gefühlt millimetergenau ums Eck scheuchen, lenkt perfekt ein, schaltet schnell und präzise und erkauft sich seine Kurvenkunst nicht durch ein bretthartes Fahrwerk. 4,5 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h gibt Porsche an. Bei 290 km/h liegt die Höchstgeschwindigkeit. Den Durchschnittsverbrauch des Euro-6-Motors gibt Porsche mit 9,9 Liter pro 100 Kilometer an. Besonders aussagekräftig für Sportwagen-Fans dürfte die Rundenzeit des Boxster Spyder auf der Nordschleife des Nürburgrings sein: sieben Minuten und 47 Sekunden – und dies wohlgemerkt mit ungeregeltem Fahrwerk. Zum Vergleich: Boxster GTS 7:56 Minuten / 918 Spyder: 6:57 Minuten.
Nochmals abgespeckt
Um den Boxster Spyder auf das gewünschte Leistungsgewicht von 3,5 Kilogramm pro PS zu bringen, mussten die Entwickler einiges über Bord schmeißen, das normalerweise in Autos als unverzichtbar gilt. Zum Beispiel die Klimaanlage und das Radio. Beides allerdings kann der Kunde zusätzlich einbauen lassen – aufpreisfrei. Gut zehn Kilogramm brachte der Verzicht auf das elektrische Verdeck, fünf Kilo der reduzierte Einsatz von Dämm-Material. Auch die Schalensitze mit ihrem leichten Untergestell wiegen rund zehn Kilo weniger als ihre Normal-Pendants. Und da Puristen sowieso eher Freunde des Schaltgetriebes sind, baut Porsche in den Spyder kein schweres Doppelkupplungsgetriebe ein. Einige Kilo zugelegt hat das Topmodell der Baureihe lediglich bei den Bremsen. Sie wurden der höheren Leistung angepasst und sind größer.
Käufern, die sich den Boxster Spyder aus Spekulationsgründen zulegen wollen, sei gesagt: Eine limitierte Auflage gibt es nicht. Der Spyder wird so lange gebaut, wie die zweite Boxster-Generation (981) noch existiert. Erst 2019 steht der Nachfolger auf dem Plan.
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