E-Commerce im Autohandel „Die Tauben fliegen nicht mehr in den Mund“

Von Jens Rehberg

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Warum werden eigentlich nicht viel mehr Autos komplett über das Internet verkauft? Weil es nicht so einfach ist, wie es zunächst scheint – da waren sich zwei Händler im Rahmen der jüngsten »kfz-betrieb«-Clubhouse-Runde einig.

Die Durchgängigkeit des Online-Autokaufprozesses bleibt eine große Herausforderung.
Die Durchgängigkeit des Online-Autokaufprozesses bleibt eine große Herausforderung.
(Bild: Porsche)

Während die Schauräume der allermeisten deutschen Autohäuser markenübergreifend gerade mit rot-weißem Absperrband verziert sind, registriert die Münsteraner Beresa-Gruppe circa 2.000 User täglich in ihrem Online-Fahrzeugshop. Dennoch sei der pure Online-Absatz „verschwindend gering“, sagte Verkaufsleiterin Julia Riethmüller am Dienstag in einem „Clubhouse“-Raum von »kfz-betrieb«.

„Durch unsere hochwertige Fotografie und die damit möglichen 360-Grad-Bilder können unsere Verkäufer die Autos digital sehr gut präsentieren“, trotzdem wollten die Kunden die Fahrzeuge laut der Managerin in der Regel noch immer Probe fahren. Zudem gebe es beim digitalen Verkaufsprozess weiter hochkomplexe prozessuale Themen, beispielsweise seien die verfügbaren Leasingratenrechner nicht voll einsatztauglich.

„Die Kunden wollen online das gleiche hochwertige Erlebnis haben wie bei uns im Autohaus“, sagt Beresa-Verkaufsleiterin Julia Riethmüller.
„Die Kunden wollen online das gleiche hochwertige Erlebnis haben wie bei uns im Autohaus“, sagt Beresa-Verkaufsleiterin Julia Riethmüller.
(Bild: Beresa)

Auch Heinz-Dieter Tiemeyer, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Autohandelsgruppe, war sich sicher: „Für den Einzelkunden brauchen wir den Showroom auf jeden Fall noch lange, das können wir mit dem Online-Verkauf nicht so schnell erschlagen.“ Autos seien sehr beratungsintensive Produkte. „Im Moment klickt noch niemand bei einem 80.000-Euro-teuren, gebrauchten Audi auf den Kaufen-Knopf.“

„Die Vertriebskosten müssen runter“

Was manche Online-Interessenten dagegen bei Tiemeyer laut dem Händler heute schon gerne nutzen würden, wäre die Möglichkeit, auf ein digital präsentiertes Fahrzeug bieten zu können, ohne mit einem Verkäufer darüber verhandeln zu müssen.

„Im Hinblick auf Allianzen zwischen Banken, Online-Marktplätzen und Herstellern müssen wir mit noch besserer Kundenbindung dagegenhalten“, meint Heinz-Dieter Tiemeyer.
„Im Hinblick auf Allianzen zwischen Banken, Online-Marktplätzen und Herstellern müssen wir mit noch besserer Kundenbindung dagegenhalten“, meint Heinz-Dieter Tiemeyer.
(Bild: Tiemeyer)

Trotz aller Stolpersteine sind sich sowohl Heinz-Dieter Tiemeyer als auch Julia Riethmüller sicher, dass E-Commerce im Fahrzeughandel in den kommenden Jahren eine immer größere Bedeutung gewinnen wird – nicht zuletzt, weil die Hersteller es vorantreiben. „Die Vertriebskosten müssen runter", so Tiemeyer, aber ohne den Handel funktioniere selbst der Online-Direktvertrieb nicht.

„Unsere Rolle wird sich dabei verändern, und als der schwächere Partner werden wir uns anpassen müssen.“ Dabei im Vertrieb nur auf das Agenturmodell zu setzen, findet der Bochumer Händler allerdings gefährlich – „wenn der Hersteller immer mehr unternehmerisches Risiko übernimmt, werden wir zwangsläufig irgendwann entbehrlich.“

„Die Verkäufer müssen jetzt umdenken“

Auch für Julia Riethmüller hat die Händler-Hersteller-Beziehung eine Zukunft: „Mercedes wird im Online-Vertrieb seine Handelspartner brauchen – alleine schaffen sie es nicht, beim Direktverkauf wirklich erfolgreich zu sein, das sieht man ja aktuell.“

Unter den derzeit geltenden Beschränkungen werde bereits deutlich, in welche Richtung sich die Tätigkeit der Verkaufsberater künftig wandeln werde. „Die Tauben fliegen nicht mehr in den Mund“, meinte Riethmüller bei Clubhouse vor in der Spitze 65 Zuhörern.

Telefonakquise und Videoberatung seien jetzt die Schwerpunktthemen – „das ist eine andere Art des Verkaufens, vor allem für die Ladenverkäufer.“ Künftig würden Autoverkäufer im Privatkundenbereich eher klassische Berater sein, die umfassende Mobilitätsangebote vermarkten.

Diesen Bedarf bestätigt auch Heinz-Dieter Tiemeyer: „Unsere Verkaufsberater werden auch morgen noch beraten, denn die digitale Customer Journey muss – zumindest noch einige Jahre lang – kompetent begleitet werden.“

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