Individuelle Mobilität: Mehr als Auto
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Intelligente digitale und vernetzte Systeme werden die Organisation der individuellen Mobilität verändern. Das war eine Erkenntnis des 11. Berliner Automobildialogs, den der ZDK veranstaltete.

Die individuelle Mobilität ändert sich, und zwar schnell. Dabei spielen intelligente digitale und vernetzte Systeme eine zunehmende Rolle. „Die Menschen organisieren ihre individuelle Mobilität immer häufiger über das Smartphone“, erklärte Weert Canzler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung beim 11. Berliner Automobildialog, den der ZDK veranstaltete. Dafür sei eine intelligente Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger per App unabdingbar.
Dabei verliert das Automobil an Bedeutung. „Wir haben zu viele Autos – ein unglaublicher Überfluss“, sagte Canzler. Das könne so nicht weitergehen. Der Wissenschaftler geht davon aus, dass Städte bald Autos aus ihren Innenstädten verbannen und den Individualverkehr zurückdrängen werden. Er kritisierte die Automobilindustrie scharf: „Der Straßenverkehr ist das Sorgenkind der Klimapolitik.“ Bei den Treibhausemissionen habe sich in den vergangenen Jahren nichts geändert. Je besser die Motoren geworden seien, desto größer seien die Fahrzeuge geworden.
Das könne für die Industrie drastische Folgen haben. Wenn die Klimaziele von Paris nicht erreicht würden, drohten Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Daher sei der Ausbau der E-Mobilität notwendig, aber nur dann sinnvoll, wenn die Energie aus erneuerbaren Quellen komme, so Canzler. Bis zum Jahr 2030 solle diese Quote in Deutschland bei 65 Prozent liegen.
Bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) soll die komplette Dienstwagenflotte bis 2025 elektrifiziert werden. Auch bei den Omnibussen werde nach den Worten von Heinrich Coenen, BVG-Stabsabteilung Geschäftsentwicklung, mit den ersten 30 E-Bussen umgesteuert. Insgesamt sind rund 1.400 BVG-Busse im Einsatz. Auf dem Campus Charité Mitte erprobt das Unternehmen automatisiertes Fahren mit vier elektrisch angetriebenen, fahrerlosen Minibussen. Hohes Potenzial für Mobilitätskonzepte sieht Coenen in den Randgebieten von Ballungszentren wie Berlin, um Bewohner an den ÖPNV anzubinden. Das Ziel des Dienstleistungsunternehmens: die Verkehrswende mitzugestalten, ohne dass es Einbußen bei der Mobilität gibt.
Auch die Mercedes-Benz-Händler sehen sich als Mobilitätsanbieter, wie Stefan Ax, Geschäftsführer des Verbands der Mercedes-Benz Vertreter e. V. (VMB), betonte. Letztendlich sei und bleibe das Auto jedoch für viele Menschen ein wichtiger emotionaler Faktor und nicht nur Mittel zum Zweck. Allerdings beschränken sich die Mercedes-Händler nicht darauf, sondern gehen auf die Marktwünsche ein. So stellten sie für die Kunden Ersatzmobilität in verschiedener Form sicher und gingen mit flexiblen Leasingangeboten auf deren Wünsche ein. In Zukunft werde das Kundeninteresse an differenzierten Mobilitätsangeboten zunehmen. Darauf müssten sich die Autohäuser einstellen, etwa durch die Kooperation mit anderen Partnern. So kann es aus Ax’ Sicht sinnvoll sein, mit einem lokalen Anbieter im öffentlichen Nahverkehr zusammenzuarbeiten.
Autohaus muss zur Marke werden
Noch wichtiger werde die Positionierung des Autohauses als Eigenmarke gegenüber den Kunden. „Der Händler muss seine Marke in den Mittelpunkt stellen und neben dem Fahrzeug auch andere Mobilitätsdienstleistungen anbieten“, ergänzte Ax. Gerade jenseits der Städte sieht er gute Chancen für die Händler. Denn „alle neuen Mobilitätsangebote fokussieren sich auf die Städte“, so der Verbandsgeschäftsführer. „Auf dem Land ist das Auto ohne Alternative.“ Gut für die Händler mit dem Stern, denn „die meisten Mitgliedsbetriebe des Verbands sind im ländlichen Umfeld“.
Mit dem Berliner Automobildialog will der ZDK seinen Beitrag zu einem notwendigen Meinungsaustausch über verkehrspolitische und gesellschaftlich relevante Themen leisten. Mobilität sei eine zentrale Voraussetzung für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung moderner Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften.
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