Fahrbericht Kia EV6: Schnell laden, schnell fahren
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Mit dem EV6 bringt auch Kia sein erstes Modell auf der konzerneigenen Elektroplattform E-GMP. Die ermöglicht dank 800-Volt-Technologie besonders schnelles Laden. Mit bis zu 585 PS ist der EV6 aber auch zum schnellen Fahren gut geeignet.

Er soll ein „Gamechanger“ werden. Kias erstes als eigenständiges Modell entwickeltes Elektroauto ist seit Ende Oktober auf dem Markt. „Der EV6 ein Symbol dafür, dass Kia in eine neue Richtung geht“, sagt Thomas Djuren, Geschäftsführer von Kia Deutschland. Und diese Richtung ist elektrischer, nachhaltiger und digitaler.
Und so fährt der EV6 nicht nur mit Strom. Im Innenraum kommen Kunststoffe zu Einsatz, die aus recycelten Plastikflaschen bestehen. Und er ist vegan, also frei von tierischen Produkten. So gibt es auch keine Ledersitze. Stattdessen ist das Gestühl auf Wunsch mit künstlichem Leder bezogen. Merkt man aber nicht, wenn man es nicht weiß.
Insgesamt ist die Materialauswahl im Innenraum stimmig und hochwertig. Und auch optisch macht der EV6 innen was her. Beeindruckend ist das große, gewölbte Panoramadisplay, das eigentlich aus zwei 12,3-Zoll-Displays besteht – einem für das Kombiinstrument, einem für Navi und Infotainment. Das Kombiinstrument zeigt, anders als bei manch anderem Modell, keine klassischen Rundinstrumente an, kann aber in der Optik variiert werden.
Dass man sich im EV6 wohlfühlt, liegt auch am großzügigen Platzangebot. 2,90 Meter Radstand bieten die Möglichkeit, die Sitze weit auseinander zu ziehen, sodass auch hinten richtig viel Platz ist. Den nutzen auch die optional erhältlichen Relaxsitze aus, die Fahrer und Beifahrer beim Park- oder Ladestopp eine bequeme Liegemöglichkeit bieten. So tank nicht nur das Auto frische Energie.
In 18 Minuten auf 80 Prozent
Apropos laden: Das geht im EV6 rasant schnell. Dank 800-Volt-Technologie dauert es laut Kia am 350-kW-Schnellader nur 18 Minuten, um die Batterie des Elektroautos von 10 auf 80 Prozent zu füllen. Strom für 100 Kilometer tankt der EV6 je nach Ausführung in unter fünf Minuten. An der 50-kW-Ladesäule veranschlagt Kia etwas mehr als eine Stunde fürs Laden auf 80 Prozent.
Kia bietet zwei Batteriegrößen und derzeit drei Antriebsvarianten an. Die Einstiegsversion für 44.990 (ohne Förderung) kommt mit einer 58-kWh-Batterie und einem 125 kW/170 PS starken Elektromotor, der die Hinterachse antreibt. Die Reichweite beträgt in dieser Version 394 Kilometer.
Wer die größere Batterie mit 77,4 kWh nimmt, kann wahlweise zum Hecktriebler mit 168 kW/229 PS greifen und zahlt dafür 4.000 Euro mehr. Dafür hat er dann auch die Variante mit der höchsten Reichweite. Bis zu 528 Kilometer verspricht das Datenblatt. Oder er entscheidet sich für die Allrad-Variante. Dann sind zwei Elektromotoren verbaut, einer vorn und einer hinten. Sie leisten zusammen 239 kW/325 PS, bis zu 506 Kilometer weit kommt das Auto so ausgestattet. Der Preis: 52.890 Euro.
Das Auto wird zum Raumschiff
Mit dieser Variante drehen wir dann auch unsere Testrunde durch das Saarland. Startknopf drücken, Gaspedal antippen und der EV6 rollt nahezu geräuschlos auf die Straße. Wer das übrigens nicht möchte, der kann aus verschiedenen künstlichen Antriebsgeräuschen auswählen, die über die Lautsprecher ausgespielt werden. Warum steht da Antriebsgeräusch und nicht Motorgeräusch? Nun, ein simuliertes Motorgeräusch gibt es nicht. Stattdessen klingen die zur Auswahl stehenden Klänge eher nach Raumschiff oder Elektro-Gabelstapler. Es ist ganz witzig, das mal auszuprobieren, auf Dauer nervt es dann aber doch. Wir fahren lieber ohne.
Es geht raus aus der Stadt und auf dem schnellsten Weg auf die Autobahn. Und da fühlt sich der EV6 wohl. Sportmodus auswählen, das Gaspedal durchdrücken und in den Sitz pressen lassen. Das macht Spaß. 5,2 Sekunden braucht unser Testwagen aus dem Stand auf Tempo 100. Überholvorgänge sind somit auch auf der Landstraße kein Problem. Richtig spaßig wird das Ganze dann übrigens im nächsten Jahr. Dann kommt die GT-Version des EV6: mit 430 kW/585 PS, 740 Nm Drehmoment und einer Sprintzeit von 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Man möchte gar nicht drüber nachdenken!
Beim Bremsen holt sich der EV6 dann wieder Energie zurück. Die Rekuperation kann in mehreren Stufen eingestellt werden. In der stärksten Einstellung verzögert der EV6 bis zum Stillstand -One-Pedal-Driving ist also möglich.
Viele Assistenten
Der Kia EV6 ist vollgepackt mit elektronischen Helfern. Schaltet man beispielsweise den Autobahnassistenten ein, fährt das Auto schon fast alleine – inklusive Spurwechsel. Die Verkehrszeichenerkennung funktioniert mit ein paar Ausnahmen gut, auf Wunsch passt der EV6 die Geschwindigkeitseinstellung des Tempomaten automatisch an die jeweils geltende Höchstgeschwindigkeit an.
Wer sich mit dem Einparken schwer tut, kann das das Auto übernehmen lassen. Der EV6 parkt sowohl quer als auch längs selbsttätig ein. Und dazu kann man sogar aussteigen und das Auto mit dem Schlüssel steuern - wenn die Parklücke besonders eng ist zum Beispiel.
Die Navi-Hinweise, die Geschwindigkeit und alle Infos, die sonst wichtig sind, erscheinen auf dem Head-up-Display, das Abbiegehinweise dann auch vor dem Fahrer auf die Straße einblenden kann.
Wie viele EV6 im nächsten Jahr an in Deutschland auf die Straße kommen sollen, wagt bei Kia aktuell niemand abzuschätzen. Das Auto hat das Zeug zum Bestseller, zu unsicher ist allerdings gerade die Frage der Produktionskapazitäten. Die Rohstoffknappheit und vor allem die Chipkrise machen auch vor Kia nicht halt.
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